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Raumsonde Ulysses - "Erfroren" an der Sonne

Geschrieben am 16.06.2008 in Kategorie: Sonstige Missionen

Der Betrieb der Raumsonde Ulysses wird am 1. Juli 2008 nach 17 Jahren eingestellt.

Nach 17 Jahren erfolgreicher Mission müssen sich die Sonnen- und Heliosphärenforscher von der Raumsonde Ulysses verabschieden. Der Sonnenspäher, an dem das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt ist, hört am 1. Juli 2008 auf zu arbeiten. Dies gaben am heutigen Donnerstag, den 12. Juni 2008, die Europäische Weltraumorganisation ESA und die Amerikanische Weltraumbehörde NASA auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Paris bekannt. Damit geht eine 17-jährige eindrucksvolle Ära der Heliosphärenforschung mit großer deutscher wissenschaftlicher Beteiligung zu Ende.

Ursache für das Ende der Mission war ein natürliches Absinken der Leistung des Radioisotopengenerators und damit verbunden ein Engpass bei der Energieversorgung an Bord. Um zu vermeiden, dass der Lageregelungstreibstoff Hydrazin im Tank einfriert, schalteten die Forscher im Januar 2008 vorsorglich die Energieversorgung des bordeigenen X-Band-Senders ab. Denn der verfügbare Strom reichte nicht aus, um sowohl den Tank zu heizen als auch den Sender zu betreiben.

Als die Wissenschaftler den Sender zur Datenübertragung wieder in Betrieb nehmen wollten, blieb dieser unerwartet "stumm". Zugleich stellten sie fest, dass das Hydrazin nicht erwärmt war, was auf einen irreversiblen Ausfall im Schaltsystem zur Stromverteilung hinwies. Als weitere Folge sank die Temperatur des für Lagemanöver mitgeführten Hydrazins schließlich auf unter zwei Grad Celsius ab, was den Treibstoff im Tank und in den Leitungen gefrieren ließ. Ohne funktionierende Lagereglungstriebwerke lässt sich die Sonde nun nicht mehr hinreichend genau auf die Erde ausrichten und bleibt damit für irdische Funkbefehle unerreichbar.

Ulysses eröffnete Wissenschaftlern die Heliosphärenregion

Ulysses hat während seiner Missionszeit einen nahezu vollständigen magnetischen Sonnenfleckenzyklus beobachtet und dabei die räumliche Struktur der inneren Heliosphäre nebst Sonnenmagnetfeld erschlossen. Die Sonde überflog dabei je dreimal den Sonnennord- und -südpol in einem Abstand von rund 300 Millionen Kilometern und funkte eine Fülle einzigartiger Messdaten zur Erde. Zusammen mit der ESA-Weltraumsonde SOHO (Solar and Heliospehric Observatory) stellte Ulysses auch die wissenschaftlichen Grundlagen für Weltraumwettervorhersagen bereit. Sie ermöglichen rechtzeitige Warnungen vor "Stürmen" im Erdmagnetfeld. Bei solchen Ereignissen können unter anderem Satelliten und irdische Stromnetze ausfallen.

Weltweit arbeiteten rund 150 Wissenschaftler an der Ulysses-Mission, über tausend Veröffentlichungen wurden publiziert. An der Mission waren von deutscher Seite die Max-Planck-Institute für Sonnensystemforschung (MPS), für Kernphysik (MPI-K) und für Extraterrestrische Physik (MPE), die Universitäten Kiel, Bonn, Bochum und Köln sowie die Technische Universität Braunschweig und das Astrophysikalische Institut Potsdam beteiligt. Insgesamt förderte die DLR Raumfahrt-Agentur im Auftrag der Bundesregierung sechs der zehn Ulysses-Experimente, davon drei mit jeweils einem deutschen Hauptwissenschaftler.

Vom Zwilling zur Einzelsonde

Die Ulysses-Mission gehörte zum ESA-Wissenschaftsprogramm, an dem Deutschland mit 23 Prozent maßgeblich beteiligt ist. Ursprünglich war der Start für 1986 geplant, musste aber wegen der Challenger-Katastrophe auf den 6. Oktober 1990 verschoben werden. Die Weltraumfähre Discovery setzte Ulysses in einer niedrigen Erdumlaufbahn aus, von wo aus sie mit Hilfe einer zusätzlichen Antriebsstufe auf eine Übergangsbahn zum Jupiter geschickt wurde. Dabei erreichte die Sonde unter anderem eine Rekordgeschwindigkeit von über 15,4 Kilometern pro Sekunde. Das ließ sie die Mondbahn bereits nach rund acht Stunden passieren. Erst die Pluto-Sonde New Horizons konnte diesen Wert im Januar 2006 knapp überbieten.

Bereits in den 1970-er Jahren hatten die beiden in Deutschland hergestellten Raumsonden Helios 1 und 2 Neuland in der weltraumgestützten Erforschung der Sonne betreten. Dabei hatten sich so viel neue Fragen ergeben, dass ESA und NASA Mitte der siebziger Jahre eine zunächst als "International Solar Polar Mission" (ISPM) bezeichnete Mission ins Leben riefen.

Geplant waren anfangs zwei baugleiche Sonden, eine der ESA und eine der NASA. Sie sollten simultan über die Sonnenpole auf entgegengesetzten Bahnen fliegen, um die Sonne, den Sonnenwind und den interplanetaren Raum insbesondere in hohen heliographischen Breiten zu erforschen.

Aus finanziellen Gründen wurde unter Präsident Reagan 1981 der Bau der amerikanischen Zwillingssonde eingestellt und die Mission auf eine Sonde, die der ESA, reduziert. Sie wurde 1984 nach einem Vorschlag von Professor Bertotti von der Universität Pavia auf den Namen "Ulysses" getauft, in Anlehnung an Ulysses (altgriechisch "Odysseus") aus Dantes "Göttlicher Komödie", der die unbewohnten Gebiete jenseits der Sonne bereiste.

Quelle

DLR - Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.
Das DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.) ist die deutsche Raumfahrtagentur. Es wurde 1969 durch den Zusammenschluss mehrerer Einrichtungen gegründet.

Webseite: http://www.dlr.de

Raumsonde Ulysses bei der Sonne
Die Raumsonde Ulysses überflog während ihrer Missionszeit dreimal den Nord- und -südpol der Sonne.
© ESA
Raumsonde Ulysses bei Jupiter
Die Raumsonde Ulysses beim Vorbeiflug am Planeten Jupiter.
© ESA