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Raumfahrt ebnet den Weg zur digitalen Gesellschaft

Geschrieben am 28.03.2017 in Kategorie: Sonstige Meldungen

Unsere Informationsgesellschaft steht vor einer Herausforderung: Stetig wachsende Datenmengen müssen immer schneller weltweit übertragen werden, damit wir von den technischen Errungenschaften unserer Zeit profitieren können. "Satelliten liefern uns Zugriff auf immer schnelleres Internet mit extrem hohen Datenraten. Kommunikationstechnik steuert Industrie 4.0, Big Data und die Mobilität der Zukunft. Doch auch Meteorologen, Behörden und Katastrophenschützer sind auf Wetter-, Klima- und Erdbeobachtungsdaten aus dem All angewiesen. Ohne Kommunikationssatelliten wäre dies nicht möglich", fasst Dr. Gerd Gruppe, Vorstand des Raumfahrtmanagements im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), die Bedeutung der Satellitenkommunikation zusammen. Doch wie können diese Datenmengen auch in Zukunft sicher rund um den Globus transportiert werden? Diese und weitere Fragen stellen sich die mehr als 300 Teilnehmer der 5. Nationalen Konferenz Satellitenkommunikation in Deutschland.

Licht- statt Radiowellen - rasante Datenübertragung via Laser

Bislang werden Daten "klassisch" per Funkwellen zur Erde übertragen. Doch die Funkfrequenzen sind begrenzt und die bestehenden Kapazitäten müssen verteilt werden. Bei dem wachsenden Datenverkehr wird diese Bandbreitengrenze bald erreicht sein. "Eine Lösung dieses Datenengpasses ist die Übertragung mit Lichtwellen. Deutschland hat hier weltweit eine Spitzenposition inne. In Kürze werden bereits elf dieser Laser Communication Terminals (LCT) im Orbit sein", betont Dr. Gerd Gruppe. Die baden-württembergische Firma Tesat Spacecom baut diese LCT, die auch Teil von Europas neuer Datenautobahn im All sind: Im "European Data Relay System" - kurz EDRS - übertragen Satelliten die Daten in Echtzeit per Laser zu Relaisknoten im All und von dort dann zu Bodenstationen auf der Erde. "In weniger als 20 Minuten können hochaufgelöste Bilder der Erdbeobachtungssatelliten im europäischen Sentinel-Programm dem Endnutzer zur Verfügung stehen - ohne Datenrelais via EDRS und LCT undenkbar", erklärt Dr. Roland Wattenbach, Leiter der Abteilung Satellitenkommunikation im DLR Raumfahrtmanagement. Inzwischen wird an der Miniaturisierung der Lasertechnik gearbeitet, sodass sie auch auf kleinsten Satelliten im erdnahen Orbit eingesetzt werden kann. Erste Terminals werden in Kürze im All sein. Auch hier sind deutsche Firmen weltweit aktiv.

SmallGEO - Deutschland ist zurück im Telekommunikationssatellitenmarkt

Mit dem Start der neuen SmallGEO-Satellitenplattform auf dem Telekommunikationssatelliten Hispasat 36W-1 ist Deutschland seit dem 28. Januar 2017 nach 24-jähriger Abstinenz wieder zurück im Markt der Telekommunikationssatelliten. Dieser erste Satellit einer wesentlich in Deutschland entwickelten und gebauten Satellitenplattform ist Teil des SmallGEO-Programms der Europäischen Weltraumorganisation ESA für relativ leichte geostationäre Satelliten, die mit etwa drei - statt klassischerweise sechs oder acht - Tonnen in 36.000 Kilometer Höhe um die Erde kreisen. Deutschland ist der größte Beitragszahler und hat rund 150 Millionen Euro (42,5 Prozent des Gesamtbudgets) in die Entwicklung der Plattform und der Nutzlast investiert. Auf den Start des ersten SmallGEO-Satelliten, die bei der Firma OHB System AG in Bremen gebaut werden, sollen weitere folgen: EDRS-C soll Anfang 2018 die kommerziellen Relaissatelliten ergänzen. Die Weiterentwicklung zu einem vollständig elektrisch betriebenen System namens ELECTRA wurde beauftragt und die Entwicklung des nationalen Kommunikationssatelliten "Heinrich Hertz" in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium der Verteidigung soll noch in 2017 beginnen. Zusätzlich hat die OHB System AG den Auftrag für drei Meteosat Third Generation (MTG) Wettersatelliten auf der Basis dieses Satellitenbusses erhalten.

New Space - Mut zum Risiko erforderlich

Unter dem Motto "Wird morgen alles anders?" wagt die Konferenz in Bonn diesmal auch einen Blick in die Zukunft: Noch ist Europa Exportweltmeister für Raumfahrttechnik und Dienstleistungen. Mehrere größere Satellitendienstleister haben sich hier niedergelassen. "New Space bietet viele Chancen, erfordert aber auch mehr Mut zum Risiko. Das gilt im Prinzip aber auch für die traditionelle europäische Raumfahrtindustrie. Auch sie muss mehr über Anwendungen nachdenken und neue, schnellere Wege gehen", erklärt Gerd Gruppe, Vorstand des DLR Raumfahrtmanagements. Denn von der Idee bis zum fertigen Produkt vergehe noch sehr viel Zeit. Traditionelles Denken und Handeln aus der Zeit, als Raumfahrt hauptsächlich aus dem Bau staatlich finanzierter Forschungssonden bestand, versperrt hier einen schnellen Zugang zum Markt: Hindernisse sind technischer Perfektionismus, das Einhalten restriktiver Standards und staatliche Regulierung. Doch es finden derzeit viele Paradigmenwechsel statt, die schnellere Reaktionen erfordern, formuliert es die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie erstellte Studie "New Space - Geschäftsmodelle an der Schnittstelle von Raumfahrt und digitaler Wirtschaft". Ein wichtiger Faktor dabei sei die Verschiebung des herkömmlichen Fernsehens zum Internet-TV. Die Zukunft wird laut der Studie digital und New Space ist direkt mit diesem Digitalisierungsschub verknüpft.

Megakonstellationen - schnelles Internet überall auf der Welt

Das hat man auch in Europa erkannt: Airbus Defence and Space und das US-Unternehmen OneWeb haben ein Joint Venture geschlossen, um die Welt ab 2018 flächendeckend vom niedrigen Erdorbit mit schnellem Internet zu versorgen. Dafür werden 900 Satelliten gebaut - bis zu fünfzehn pro Woche. 648 davon sind immer aktiv. Die restlichen dienen als Ersatz - eine sogenannte Megakonstellation, die laut OneWeb später einmal um knapp 2.000 Satelliten erweitern werden soll. Jeder Satellit wiegt dabei weniger als 150 Kilogramm. Neben Airbus ist noch der japanische Telekommunikations- und Softwaregigant Softbank mit 1,2 Milliarden US-Dollar in das Projekt eingestiegen.

Quelle

DLR - Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.
Das DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.) ist die deutsche Raumfahrtagentur. Es wurde 1969 durch den Zusammenschluss mehrerer Einrichtungen gegründet.

Webseite: http://www.dlr.de

5. Nationale Konferenz Satellitenkommunikation in Deutschland
Die Schwerpunkte der 5. Nationalen Konferenz Satellitenkommunikation in Deutschland liegen auf den Themen Digitalisierung, Industrie 4.0, Datenübertragung, Datensicherheit, Herausforderungen des Telekommunikationsmarktes und New Space sowie weltweiter Internetempfang über Megakonstellationen.
© DLR (CC-BY 3.0)
Reger Fachaustausch
Auf der 5. Nationalen Konferenz Satellitenkommunikation in Deutschland treffen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Verwaltung aufeinander, um über die Chancen und Herausforderungen der Branche zu diskutieren (v. l.): Dr. Wolfgang Scheremet, Abteilungsleiter Industriepolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Dr. Gerd Gruppe, DLR-Vorstand zuständig für das Raumfahrtmanagement, Andreas Hammer, CEO TESAT, Prof. Dr.-Ing. Reiner Anderl, Fachgebiet Datenverarbeitung in der Konstruktion an der Technischen Universität Darmstadt.
© DLR (CC-BY 3.0)
Test in der Thermal- und Vakuumkammer
Der erste Satellit der SmallGEO-Plattform, Hispasat 36W-1, wurde u.a. bei Airbus Defense and Space in Ottobrunn in der Thermal- und Vakuumkammer auf seine Weltraumtauglichkeit getestet.
© OHB System AG
Das Laserkommunikations-Terminal (LCT)
Das LCT ist eine von vier ESA-Technologienutzlasten auf Alphasat. Es wurde mit Förderung des DLR von der Firma Tesat-Spacecom GmbH entwickelt.
© ESA