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Außenbordeinsatz für ICARUS
Antenne für deutsch-russisches Experiment auf der Internationalen Raumstation montiert

Geschrieben am 16.08.2018 in Kategorie: Missionen der bemannten Raumfahrt

Am Abend des 15. August 2018 haben die beiden russischen Kosmonauten Sergei Prokopjew und Oleg Artemjew bei ihrem fast achtstündigen Außenbordeinsatz an der Internationalen Raumstation ISS auch die ICARUS- Antenne des gleichnamigen deutsch-russischen Forschungsprojektes am Swesda-Modul entfaltet. Der Außenbordeinsatz dauerte von 18:17 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) am 15. August bis 02:03 Uhr MESZ am 16. August. Für die Außeninstallation der ICARUS-Antenne brauchten die beiden Kosmonauten rund fünf Stunden bis 00:18 Uhr MESZ.

Unterstützt wurden Prokopjew und Artemjew vom deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst, der den Einsatz vom Inneren der Station aus überwachte. Mit der Installation der Antenne ist das ICARUS-System (International Cooperation for Animal Research Using Space), mit dem von der ISS aus weltweit Tierwanderungen aller Art verfolgt werden können, nun komplett. ICARUS ist ein Projekt des Raumfahrtmanagements im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Radolfzell und der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos. In den nächsten Tagen und Wochen wird ICARUS in Betrieb genommen. Das Experiment ist auch Teil der aktuellen horizons-Mission von Alexander Gerst.

Mit dem ICARUS-Wissen versprechen sich Wissenschaftler in Russland und Deutschland neue Erkenntnisse über Leben und Umwelt der Tiere, sowie über das Zusammenspiel mit uns Menschen. "Störche rasten auf ihrem Weg nach Süden häufig in der Nähe von Heuschreckenbrutstätten am Südrand der Sahara. Somit zeigen uns die Vögel an, wo sich diese Insektenschwärme genau befinden. So kann gegen die Schädlingsplagen vorgegangen und Hungersnöte können vermieden werden", erklärt Prof. Martin Wikelski, wissenschaftlicher Leiter des ICARUS-Projektes vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell.

Sein russischer Kollege Grigori Tertitski, Projektleiter am Institut für Geographie der Russischen Akademie der Wissenschaften, erwartet bereits mit Spannung, mehr über die Zugwege kleiner Vögel von Ost nach West zu lernen. "Teilweise infizieren sich diese Tiere in Ostasien mit der Vogelgrippe. Bei ihrem Zug durch das Gebiet der Russischen Föderation können sie dann andere Tiere anstecken. Hier mehr zu wissen, wäre sehr hilfreich", meint der Wissenschaftler.

An Bord der ISS befinden sich die ICARUS-Antenne und ein Computer, der sie steuert. Am Boden spielen kleine Funksender, die sogenannten Tags, die Hauptrolle. Sie sind so groß wie ein Daumennagel und wiegen gerade einmal fünf Gramm. So können sie auch an kleineren Tieren, wie etwa Singvögeln, befestigt werden, ohne dass sich deren Verhalten dadurch ändert. Die Tags sammeln Daten zur Beschleunigung, zur Umgebungstemperatur und der Ausrichtung zum Erdmagnetfeld. Außerdem zeichnen sie die Route des Tieres mit Hilfe von Satellitennavigationsdaten auf. Dies alles geschieht in einem sparsamen Niedrigenergiemodus. Die Tags berechnen allerdings, zu welchem Zeitpunkt die ISS über sie hinwegfliegt und erwachen dann "zu vollem Leben": Sie senden die aufgezeichneten Daten zur Raumstation, empfangen neue Bahndaten der ISS und können neu programmiert werden. Dabei kann die Antenne im Weltall die Daten ganzer Schwärme, also mehrerer hundert Tiere, gleichzeitig empfangen.

"Das ICARUS-Projekt ist ein gelungenes Beispiel der sehr guten russisch-deutschen Zusammenarbeit bei der wissenschaftlichen Nutzung der ISS", unterstreicht Johannes Weppler, ICARUS-Projektleiter im DLR Raumfahrtmanagement in Bonn, der den Außenbordeinsatz live im russischen Kontrollzentrum nahe Moskau miterlebte. Seit mehr als fünf Jahren arbeiten die beiden Seiten schon zusammen, um das Projekt zu realisieren.

"Die russischen Wissenschaftler werden die Daten des ICARUS-Systems mit Informationen von anderen Messgeräten des Experimentes Uragan zusammenbringen - unter anderem Daten von Spektrometern und optischen Kameras", erläutert der wissenschaftliche Leiter des Experiments "Uragan" beim russischen Raumfahrtkonzern RKK Energia, Prof. Dr. Mikhail Belyayev. "Dies ermöglicht es uns, nicht nur die Migrationswege der Tiere zu verfolgen, sondern auch die Gründe für Änderungen dieser Routen zu verstehen."

"Wir sind stolz, dass wir die russische Erfahrung beim Betrieb und Bau von Experimenten auf der ISS bei ICARUS einbringen konnten. Gleichzeitig ermöglichen wir es unseren Wissenschaftlern, sich auf diesem Forschungsgebiet in der Weltspitze zu etablieren", ergänzt Vasili Savinkov, Projektverantwortlicher bei Roskosmos.

Die Partner von ICARUS

ICARUS ist eine Kooperation der Max-Planck-Gesellschaft, des russischen Staatskonzerns für Weltraumaktivitäten "Roskosmos" und der DLR Raumfahrtagentur, die das Projekt mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) unterstützt. Die Tags wurden von der deutschen Firma ICARUS Global Observation System GmbH (I-GOS) in Immenstaad entwickelt. Die ICARUS-Antenne und der Onboard-Computer wurden von der SpaceTech GmbH (Immenstaad) mit der Unterstützung des russischen Industriepartners RKK Energia (Korolev) designt und gebaut.

Quelle

DLR - Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.
Das DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.) ist die deutsche Raumfahrtagentur. Es wurde 1969 durch den Zusammenschluss mehrerer Einrichtungen gegründet.

Webseite: http://www.dlr.de

Außenbordeinsatz an der ISS
Der russische Kosmonaut Sergei Prokopjew bei seinem ersten Außenbordeinsatz am 15. August 2018 am russischen Swesda-Modul der ISS. Prokopjew gehört zur aktuellen ISS-Expedition 56 und ist am 6. Juni 2018 zusammen mit dem deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst zur Internationalen Raumstation gestartet.
© NASA
ICARUS-Antennentest
Die ICARUS-Antenne, die im August 2018 an der Außenseite des russischen Swesda-Moduls an der ISS installiert werden soll, musste auf ihren Weltraumeinsatz vorbereitet werden. Neben Thermaltests standen auch Hochfrequenz-Tests der Antennen in Ilmenau (Foto) auf dem Programm. Der Antennenblock besteht aus drei bis zu zwei Meter langen Empfangs- und einer Sendeantenne. Die Empfangsantennen können weltweit die Daten von mehr als 15 Millionen Sendern empfangen, die sich irgendwo auf der Erde bewegen.
© Max-Planck-Institut für Ornithologie /MaxCine
ICARUS-Tierbeobachtung
Prof. Martin Wikelski, Direktor des Max-Planck-Instituts für Ornithologie und wissenschaftlicher Leiter des ICARUS-Projekts, mit einem Schwan, der einen ICARUS-Sender ("Tag") in einer Testversion trägt.
© Max-Planck-Institut für Ornithologie / MaxCine
Die internationale Raumstation ISS
Die internationale Raumstation ISS ist das größte künstliche Objekt im Erdorbit und wird gemeinsam von den USA, Russland, Japan, Kanada und der europäischen Weltraumorganisation ESA betrieben.
© NASA