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Mission horizons: Eine Mondfinsternis und jede Menge Wissenschaft

Geschrieben am 09.08.2018 in Kategorie: Mission "Horizons"

Rund zwei Monate lebt und arbeitet der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst nun auf der Internationalen Raumstation ISS. Während einige Experimente der horizons-Mission, an denen das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt ist, noch in den Startlöchern stehen, liefern andere Versuche wie der Planetensimulator MagVector/MFX-2 und das zellbiologische Experiment FLUMIAS bereits wissenschaftliche Ergebnisse.

Ein Logenplatz für die Mondfinsternis

Am 27. Juli ereignete sich ein Naturschauspiel der besonderen Art: Die längste totale Mondfinsternis des 21. Jahrhunderts hielt die Menschen auf der Erde in Atem. Ein paar Glückliche hatten jedoch einen Logenplatz: Die Besatzung der ISS hatte wohl die beste Sicht auf das spektakuläre Ereignis. Einen Eindruck davon vermittelten die Bilder von Alexander Gerst. "Gerade ein Foto der Mondfinsternis von der Internationalen Raumstation aus gemacht. Schwierig einzufangen. Der leichte Blaustich kommt von der Atmosphäre, kurz bevor der Mond darin `untergetaucht´ ist", kommentierte der deutsche ESA-Astronaut die Aufnahmen auf seinem Twitter-Account.

Mission erfüllt: FLUMIAS sendet Bilder von lebenden Zellen zur Erde

Das FLUMIAS-Experiment, mit dem erstmals Bilder von lebenden Zellen in hoher Auflösung und in Echtzeit auf der ISS erstellt werden können, wurde in das "TangoLab-2" im amerikanischen Segment der Raumstation eingebaut und ab dem 3. Juli zehn Tage lang betrieben. In dieser Zeit hat die Anlage insgesamt 1.2 Terabyte Daten erzeugt. Es wurden sowohl Test-Bilder von fixierten Zellen aufgenommen, als auch von lebenden Zellen, um den Einfluss der Schwerelosigkeit auf das Zellskelett zu erforschen. "Während der Mission wurden täglich Überblicksbilder zur Erde geschickt", berichtet Dr. Catharina Carstens, bei der DLR Raumfahrtagentur zuständig für das FLUMIAS-Experiment. "So konnte das Projektteam die Funktionsfähigkeit des Mikroskops überprüfen und war außerdem in der Lage, den Zustand der Zellen zu beurteilen und Experimenteinstellungen zu verändern." Am 16. Juli wurde FLUMIAS final abgeschaltet. Am 1. August wurde die Anlage ausgebaut und in die Dragon-Kapsel verbracht, mit der sie am 3. August zur Erde zurückgekehrt ist.

Auf und Ab beim Planetensimulator MagVector/MFX-2

Glück im Unglück hatten die Wissenschaftler beim Planetensimulator MagVector/MFX-2, der Wechselwirkungen des Erdmagnetfeldes untersucht: Bereits im Juni hatte die US-amerikanische Astronautin Serena-Aunon Chancellor die Anlage um zwei neue Sensorboxen mit jeweils 16 Sensoren ergänzt. Am 2. Juli wurde die Anlage in Betrieb genommen und mit der Untersuchung der Proben, die vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof wissenschaftlich betreut werden, begonnen. Nach einem gelungenen Start der Experimentreihe gab es eine Anomalie, bei der ein Teil der Sensordaten nicht mehr aufgezeichnet werden konnte. Durch den Austausch des Boot-Sticks und einen erfolgreichen Reparatur-Eingriff von Alexander Gerst konnte dieses Problem jedoch schnell behoben werden. Inzwischen wurden weitere Proben erfolgreich untersucht, und die Experimente laufen wieder nominal - wenn auch mit kürzerer Dauer. "Wir sind froh, dass der Fehler so schnell behoben werden konnte", erklärt Volker Schmid, horizons-Missionsmanager im DLR. "Die Messungen müssen bald abgeschlossen werden, da die NASA die Kühlwasser- und Vakuumanschlüsse von MFX dann anderweitig benötigt."

Cold Atom Laboratory erzeugt erste Test-Kondensate

Das Cold Atom Laboratory (CAL) der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA wurde Ende Mai im Destiny-Modul der ISS installiert. Die Anlage, mit der ultrakalte Quantengase untersucht werden sollen, befindet sich jetzt in der Phase der Inbetriebnahme. Inzwischen konnten die Projektwissenschaftler bestätigen, dass in der Anlage ultrakalte Wolken aus Rubidiumatomen erzeugt werden können. Diese so genannten Bose-Einstein-Kondensate weisen Temperaturen von nur 100 Nanokelvin auf, also ein zehnmillionstel Kelvin über dem absoluten Temperaturnullpunkt. Ab September soll der wissenschaftliche Betrieb starten, an dem auch deutsche Wissenschaftler der Universitäten Ulm und Hannover beteiligt sein werden.

PK-4 ist bereit für neue Plasmakristall-Experimente

Ebenfalls bereit für eine neue Experimentserie ist das Plasmakristall-Experiment PK-4. Es untersucht komplexe Plasmen - also elektrisch leitende Gase, die mit Mikropartikeln angereichert wurden - unter Schwerelosigkeit. Hiervon erhoffen sich die Wissenschaftler grundlegende Erkenntnisse zur Festkörper- und Flüssigkeitsphysik, die auch in wirtschaftlichen Anwendungen, wie der Produktion von Mikrochips, sowie Antriebs- und Ventilflüssigkeiten, eingesetzt werden könnten. Ein Hardwareupgrade, das mit einem Progress-Frachter zur ISS gebracht worden war, konnte nun in die Anlage eingebaut werden. Erste Funktionstests verliefen erfolgreich, so dass die nächste Experimentserie wie geplant beginnen kann. "Die Wissenschaftler haben lange auf dieses Upgrade gewartet und sind nun sehr glücklich über die ersten Test-Resultate", sagt Dr. Pascal Heintzmann, PK-4-Projektleiter in der DLR Raumfahrtagentur, und ergänzt: "Sie erhoffen sich damit eine erhebliche Qualitätsverbesserung für die künftigen Untersuchungen."

Soft Matter Dynamics/CompGran erforscht die Dynamik von Granulaten

Die ESA Experimentanlage "Soft-Matter-Dynamics" wurde im Juni 2018 mit einer Dragon-Kapsel zur ISS transportiert und am 19. Juli im Columbus-Modul installiert. Die Anlage wurde zusammen mit den für Granulat-Experimente entwickelten CompGran-Messzellen in der letzten Juliwoche in Betrieb genommen. In dieser Anlage soll das Verhalten von Granulaten ohne den störenden Einfluss der Gravitation untersucht werden. Dafür sind bis Mitte November insgesamt vier Messkampagnen von je einer Woche Dauer geplant. In der Industrie könnten die Erkenntnisse etwa zur Prozessoptimierung von Schüttgütern wie Kohlenstaub, Mehl oder Getreide eingesetzt werden.

Erste Rüttel-Versuche beim ARISE-Studentenexperiment

"Start frei" hieß es auch für das ARISE-Experiment, das am 16. Juli zum ersten Mal eingeschaltet wurde. Mit dem Experiment, das Studierende der Universität Duisburg-Essen beim Überflieger-Wettbewerb der DLR Raumfahrtagentur eingereicht hatten, soll der Prozess der Planetenentstehung erforscht werden. Um diese Vorgänge zu simulieren, werden winzige Glaskugeln in einer transparenten Kammer geschüttelt und der Austausch der elektrostatischen Ladungen mit einer Kamera beobachtet. Die Inbetriebnahme verlief problemlos, und auch die ersten Experimentläufe waren erfolgreich.

Quelle

DLR - Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.
Das DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.) ist die deutsche Raumfahrtagentur. Es wurde 1969 durch den Zusammenschluss mehrerer Einrichtungen gegründet.

Webseite: http://www.dlr.de

Die Mondfinsternis vom 27. Juli 2018 von der ISS aus betrachtet
Am 27. Juli 2018 fand die längste totale Mondfinsternis des 21. Jahrhunderts statt. Von der Internationalen Raumstation aus hatten die Astronauten die beste Sicht auf das Schauspiel. Bilder von dem Ereignis hat der deutsche ESA-Astronaut auf seinem Twitter-Account veröffentlicht.
© Alexander Gerst
Reinigungsarbeiten im Destiny-Modul
Neben dem Durchführen wissenschaftlicher Experimente gehören auch ganz profane Arbeiten, wie die Reinigung der Labore, zu den Arbeiten der Astronauten. Hier erledigt der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst die "Hausarbeit" im Destiny-Modul der ISS.
© NASA
MFX-2 an Bord der ISS
Ein paar Probleme bereitete den Wissenschaftlern der Planetensimulator MagVector/MFX-2. Zum Glück konnte die Anomalie schnell behoben und die Proben prozessiert werden.
© ESA / NASA
Dragon-Kapsel an der ISS
Hier ist die Dragon-Kapsel, die Verbrauchsgüter und Experimente zur ISS gebracht hat, noch am Harmony-Modul angedockt. Am 3. August ist sie wieder zur Erde zurückgekehrt. Mit an Bord: Das zellbiologische Experiment FLUMIAS.
© NASA
ARISE-Experiment von Studenten der Universität Duisburg-Essen
Das ARISE-Experiment wurde am 16. Juli zum ersten Mal angeschaltet. Mit Hilfe von Glaskugeln, die in einer transparenten Kammer geschüttelt werden, wollen Studenten der Universität Duisburg-Essen die frühe Phase der Planetenentstehung erforschen.
© Team ARISE / Universität Duisburg-Essen
Glaskugeln in der Probenkammer
Das Studentenexperiment ARISE erforscht den Prozess der Planetenentstehung. Um diese Vorgänge zu simulieren, werden milimetergroße Glaskugeln in einer transparenten Kammer geschüttelt. Der Austausch der elektrostatischen Ladungen wird dabei mit einer Kamera beobachtet.
© Team ARISE / Universität Duisburg-Essen