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Sternleiche enthüllt Herkunft radioaktiver Moleküle
Radioaktives Isotop Aluminium-26 in dem Überrest CK Vulpeculae mit ALMA-Beobachtungen entdeckt

Geschrieben am 30.07.2018 in Kategorie: Astronomie

Astronomen haben mit ALMA und NOEMA den ersten endgültigen Nachweis eines radioaktiven Moleküls im interstellaren Raum machen können. Der radioaktive Teil des Moleküls ist ein Aluminium-Isotop. Die Beobachtungen zeigen, dass das Isotop nach der Kollision von zwei Sternen, die einen Überrest namens CK Vulpeculae hinterließen, im Weltraum verteilt wurde. Dies ist das erste Mal, dass dieses Element aus einer bekannten Quelle direkt beobachtet wird. Bisherige Identifikationen dieses Isotops stammen aus dem Nachweis von Gammastrahlen, aber ihre genaue Herkunft war unbekannt.

Das Team um Tomasz Kamiński vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge in den USA hat mit dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) und dem NOrthern Extended Millimeter Array (NOEMA) eine Quelle des radioaktiven Isotops Aluminium-26 gefunden. Die Quelle mit der Bezeichnung CK Vulpeculae wurde erstmals 1670 beobachtet und erschien dem Betrachter damals als leuchtend roter "neuer Stern". Zunächst mit bloßem Auge sichtbar, verblasste dann aber schnell. Mittlerweile benötigt man leistungsstarke Teleskope, um die Überreste der Verschmelzung zu sehen, die hier stattgefunden hat: ein schwacher Zentralstern, der von einem Halo aus leuchtendem Material umgeben ist.

348 Jahre nach dem ersten Ereignis haben die Überreste der explosiven stellaren Verschmelzung zu einer klaren und überzeugenden Signatur einer radioaktiven Version von Aluminium geführt, die als Aluminium-26 bezeichnet wird. Dies ist das erste instabile radioaktive Molekül, das definitiv außerhalb des Sonnensystems nachgewiesen wurde. Instabile Isotope haben einen Überschuss an Kernenergie und zerfallen schließlich in eine stabile Form.

"Diese erste Beobachtung dieses Isotops in einem sternartigen Objekt ist auch im weiteren Kontext der galaktischen chemischen Evolution von Bedeutung", erläutert Kamiński "Dies ist das erste Mal, dass ein aktiver Produzent des radioaktiven Nuklids Aluminium-26 direkt identifiziert werden konnte."

Kamiński und sein Team entdeckten die einzigartige spektrale Signatur von Molekülen aus Aluminium-26 und Fluor (26AlF) in den Trümmerteilen um CK Vulpeculae, die etwa 2000 Lichtjahre von der Erde entfernt sind. Während diese Moleküle durch den Raum taumeln und sich dabei drehen, geben sie einen markanten "Fingerabdruck" bei Millimeterwellenlängen ab, ein Prozess, der als Rotationsübergang bezeichnet wird. Für Astronomen ist dies der "Goldstandard" für den Nachweis von Molekülen.

Die Beobachtung dieses speziellen Isotops liefert neue Einblicke in den Fusionsprozess, der CK Vulpeculae hervorgebracht hat. Es zeigt auch, dass die tiefen, dichten, inneren Schichten eines Sterns, in denen schwere Elemente und radioaktive Isotope geschmiedet werden, durch Sternkollisionen aufgewühlt und ins All geworfen werden können.

"Wir beobachten die Eingeweide eines vor drei Jahrhunderten durch eine Kollision zerrissenen Sterns", merkt Kamiński an.

Die Astronomen stellten auch fest, dass die beiden miteinander verschmolzenen Sterne von relativ geringer Masse waren, einer davon ein roter Riesenstern mit einer Masse zwischen 0,8 und 2,5 mal so groß wie unsere Sonne.

Da Aluminium-26 radioaktiv ist, zerfällt es, um stabiler zu werden, und bei diesem Prozess zerfällt eines der Protonen im Kern in ein Neutron. Dabei emittiert der angeregte Kern ein Photon mit sehr hoher Energie, das wir als Gammastrahlung beobachten.

Früher haben Nachweise der Gammastrahlenemission gezeigt, dass etwa zwei Sonnenmassen Aluminium-26 in der Milchstraße vorhanden sind, aber der Prozess, der die radioaktiven Atome erzeugt hat, war unbekannt. Aufgrund der Art und Weise, wie Gammastrahlen detektiert werden, war auch deren genaue Herkunft weitgehend unbekannt. Mit diesen neuen Messungen haben Astronomen zum ersten Mal ein instabiles Radioisotop in einem Molekül außerhalb unseres Sonnensystems nachgewiesen.

Gleichzeitig ist das Team jedoch zu dem Schluss gekommen, dass die Herstellung von Aluminium-26 durch CK Vulpeculae ähnliche Objekte nicht die Hauptquelle für Aluminium-26 in der Milchstraße sein dürfte. Die Masse von Aluminium-26 in CK Vulpeculae beträgt etwa ein Viertel der Masse des Pluto, und da diese Ereignisse so selten sind, ist es höchst unwahrscheinlich, dass sie die einzigen Produzenten des Isotops in der Milchstraße sind. Damit bleibt die Tür offen für weitere Untersuchungen dieser radioaktiven Moleküle.

Quelle

ESO - Europäische Südsternwarte
Die "Europäische Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre" oder auch kurz "Europäische Südsternwarte" ist ein Forschungsinstitut mit verschiedenen Observatorien.

Webseite: https://www.eso.org

Radioaktive Moleküle in den Überresten einer Sternkollision
Kompositaufnahme von CK Vulpeculae, dem Überrest einer Doppelstern-Kollision. Dieser Zusammenstoß brachte radioaktive Moleküle ins Weltall, wie in der orangefarbenen Doppelkeulenstruktur im Zentrum zu sehen ist. Dies ist ein ALMA-Bild von 27-Aluminiummonofluorid, aber die seltene isotrope Version von AIF befindet sich in der gleichen Region. Das rote, diffuse Bild ist ein ALMA-Bild des breiter verteilten Staubes in der Region. In Blau sind optische Daten des Gemini-Observatoriums dargestellt.
© ALMA (ESO / NAOJ / NRAO), T. Kamiński; Gemini, NOAO / AURA / NSF; NRAO / AUI / NSF, B. Saxton
Künstlerische Darstellung einer stellaren Kollision
Künstlerische Darstellung der Kollision zweier Sterne, wie die, die CK Vulpeculae gebildet hat. Der Einsatz zeigt die innere Struktur eines roten Riesen vor der Fusion. Eine dünne Schicht mit Aluminium-26 (braun) umgibt den Heliumkern. Eine ausgedehnte konvektive Hülle (nicht maßstabsgetreu), die die äußerste Schicht des Sterns bildet, kann Material vom Inneren des Sterns bis zur Oberfläche durchmischen, reicht aber nie tief genug, um 26-Aluminium bis zur Oberfläche zu schaufeln. Nur eine Kollision mit einem anderen Stern kann das Aluminium-26 weiterverteilen.
© NRAO / AUI / NSF; S. Dagnello
Künstlerische Darstellung radioaktiver Moleküle in CK Vulpeculae
Bild von CK Vulpeculae, den Überresten einer Doppelstern-Kollision. Dieser Aufprall verteilte radioaktive Moleküle in den Weltraum, wie in dieser künstlerischen Darstellung gezeigt. Sie zeigt eine sehr starke Vergrößerung, wie diese Moleküle aussehen. Das Hintergrundbild wurde aus einer Kombination von Bildern erstellt. In blau Bilder des Gemini-Teleskops aus dem sichtbaren Licht, eine Submillimeterkarte des SMA (gelb) und eine Karte der molekularen Emission von APEX und SMA (rot).
© ESO / L. Calçada
Die Position der Nova Vul 1670 im Sternbild Füchschen
Diese Karte enthält die meisten der Sterne, die in einer dunklen, klaren Nacht mit bloßem Auge sichtbar sind. Sie zeigt das kleine Sternbild Füchschen, das nahe dem bekannteren Sternbild Schwan im Norden der Milchstraße liegt.

Die Stelle, an der der explodierende Stern Nova Vul 1670 gesichtet wurde, ist mit einem roten Kreis markiert.
© ESO, IAU, and Sky & Telescope
Weitwinkelaufnahme des Himmels um Nova Vul 1670
Diese Weitwinkelaufnahme zeigt den Himmel um den historischen explodierenden Stern Nova Vul 1670. Die Überbleibsel der Nova sind in der Mitte des Bildes nur sehr schwach sichtbar.

Von dem Stern, den europäische Astronomen 1670 am Himmel aufleuchten sahen, nahm man bisher an, es handelte sich dabei um eine gewöhnliche Nova. Mit dem APEX-Teleskop, dem 100-m-Radioteleskop Effelsberg und weiteren Observatorien haben Wissenschaftler unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn jetzt herausgefunden, dass der Grund ein viel selteneres Phänomen in Form einer heftigen Karambolage zwischen zwei Sternen war. Der ursprüngliche Ausbruch im Jahr 1670 war so heftig, dass man ihn leicht mit bloßem Auge am Himmel erkennen konnte. Die heute noch vorhandenen Spuren sind hingegen so schwach, dass es einer sorgfältigen Analyse von Beobachtungen mit Submillimeterteleskopen bedurfte, bevor das Rätsel nach über 340 Jahren gelöst werden konnte.
© ESO / Digitized Sky Survey 2. Acknowledgement: Davide De Martin