Geschrieben am 07.06.2008 in Kategorie: Astronomie
Der Artikel erklärt den H-Alpha-Bereich und stellt Beobachtungsmöglichkeiten vor.
Versuchen Sie niemals, mit ungeeignetem Material die Sonne zu beobachten. Dauerhafte Sehschäden können die Folge sein. Wenn Sie nicht sicher sind, ob Ihre Geräte für die Sonnenbeobachtung geeignet sind, verschaffen Sie sich erst Gewissheit.
Unser sichtbares Licht setzt sich aus Farben zusammen. Genauso wie verschiedene Radiosender auf verschiedenen Frequenzen ausgestrahlt werden, besitzen verschiedene Farben ebenfalls unterschiedliche Frequenzen. Genau wie im Radio, wo viele Sender gleichzeitig verschiedene Frequenzen belegen, sind im sichtbaren Licht meist verschiedene Frequenzen gleichzeitig enthalten. Sind die Spektralfarben in der richtigen Mischung vorhanden, sehen wir weißes Licht. Legen wir einen Rotfilter vor eine weiße Lampe, so werden alle nicht-roten Bestandteile ausgeblendet, nur das rote Licht kann passieren. Nun haben wir aber unendlich viele verschiedene Rottöne. Ein einfacher Filter, zum Beispiel aus Transparenzpapier, lässt viele Rottöne gleichzeitig passieren: Das bedeutet, er hat eine große Bandbreite.
Übertragen auf den Vergleich mit den Radiosendern bedeutet das: Die Bandbreite des Radios ist so klein, dass normalerweise nur ein Sender auf einmal empfangen wird, der sich genau auf der richtigen Frequenz befindet. Wäre die Bandbreite größer, würden Sender auf benachbarten Frequenzen den Empfang stören.
Die Sonne ist nun ein glühender Gasball, der Wasserstoff zu Helium fusioniert. Bei diesem Prozess entsteht eine ganz charakteristische Strahlung, die die Emissionslinien des Wasserstoffs enthält. Eine davon ist H-Alpha, sie befindet sich im sichtbaren roten Licht. Um nur sie zu beobachten, müssen wir einen Filter mit sehr geringer Bandbreite verwenden, der nicht nur alle anderen Farben, sondern möglichst auch alle anderen Rottöne unterdrückt. Diese sehr schmalbandigen Filter sind recht aufwendig und teuer. Deswegen sind Geräte zur H-Alpha-Beobachtung trotz ihrer teilweise geringen Ausmaße vergleichsweise teuer. Die Preise sind in den letzten Jahren allerdings gesunken.
Weil der H-Alpha-Filter so schmalbandig ist, reagiert er auf Umwelteinflüsse wie unterschiedliche Luftdrücke empfindlich. Dabei kann sich der Bereich, der vom Filter durchgelassen wird, verschieben. Deswegen verfügen die Filter über eine Einrichtung ("Tuning"), mit der der Filter auf die H-Alpha-Linie abgestimmt werden kann. Vergleichbar ist dies wiederum mit dem Einstellen eines Senders im Radio.
Die wohl bekanntesten Strukturen sind die Protuberanzen. Es handelt sich dabei um Materie, die von der Sonne weggeschleudert wird. Meist fällt die Materie auf die Sonne zurück, sie kann sich aber auch ablösen und die Sonne verlassen. Beobachtet man solche Strukturen am Sonnenrand, so spricht man von Protuberanzen. Man unterscheidet zwischen ruhenden und eruptiven Protuberanzen. Die ruhenden Protuberanzen entstehen durch starke magnetische Aktivitäten: Sonnenmaterial verläuft an magnetischen Feldlinien. Ruhende Protuberanzen können über Monate hinweg stabil bleiben. Eruptive Protuberanzen hingegen sind höchstens nur für einige Stunden zu beobachten. Es handelt sich um einen sehr schnellen Ausbruch von Materie, die dabei von der Sonnenoberfläche weggeschleudert wird. Eruptive Protuberanzen entstehen oft aus ruhenden Protuberanzen, wobei der physikalische Vorgang nicht vollständig geklärt ist. Nach einer eruptiven Protuberanz kann oft eine neue ruhende Protuberanz an der gleichen Stelle beobachtet werden.
Filemente sind physikalisch die gleichen Vorgänge wie Protuberanzen. Der einzige Unterschied liegt beim Beobachter: Filamente sind sozusagen Protuberanzen, die man auf der Sonnenscheibe sieht und nicht am Sonnenrand. Der Unterschied zwischen Protuberanzen und Filamenten ist also vom Menschen gemacht. Da es sich um die gleichen Vorgänge handelt, wird auch hier zwischen ruhenden und eruptiven Filamenten unterschieden. Filamente sind als fadenartige Bereiche zu erkennen und erscheinen dunkler als die Sonnenoberfläche.
Sonneneruptionen sind das plötzliche Ausstoßen von Energie in der Chromosphäre der Sonne. Sie sind verbunden mit einem lokalen Anstieg von Temperatur und Helligkeit auf der Sonne.
Sonnenflecken können manchmal auch im H-Alpha-Bereich beobachtet werden, sind aber im Weißlicht besser zu erkennen. Sonnenflecken sind an Stellen zu erkennen, an denen magnetische Feldlinien die Sonne verlassen. Da die Feldlinien bogenförmig verlaufen, treten Sonnenflecken sehr oft paarweise auf.
Zunächst ein kleiner Tipp: Beschatten Sie Ihre Augen, so dass die Sonne Sie nicht blenden kann. Dies ermöglicht Ihnen eine viel entspanntere Beobachtung. Für die Beschattung kann man einfach die Hände nehmen. Um diese aber für die Bedienung des Teleskops frei zu halten, kann man eine Blende um das Teleskop montieren. Diese kann man für einige Geräte fertig kaufen oder einfach selbst bauen.
Der allererste Blick durch das Teleskop zeigt eine rötliche Sonnenscheibe. Zum Scharfstellen des Teleskops eignet sich am besten der Sonnenrand. Ist das Teleskop scharfgestellt, kann man genau den Sonnenrand absuchen. Falls kein einziges Detail sichtbar ist, so kann man versuchen, behutsam den Filter abzustimmen ("Tuning"). Wie das für einzelne Geräte geht, entnimmt man am besten der Bedienungsanleitung. Wenn man Protuberanzen sehen kann, ist man der optimalen Einstellung schon recht nahe gekommen. Mit ein bisschen Übung kann man noch versuchen, die Darstellung weiter zu verbessern.
Nachdem nun das Bild scharf gestellt und der Filter korrekt eingestellt ist, kann man sich in Ruhe der Beobachtung widmen. Lassen Sie Ihr Auge über die Sonne wandern, gewöhnen Sie sich an den Anblick und das ungewohnte Licht. Auf der anfängliche einfach nur roten Scheibe werden sie irgendwann plötzlich Details ausmachen können: dunklere und hellere strukturierte Bereiche. Anhand der Liste oben können Sie versuchen, zuzuordnen, was Sie dort beobachten.
Die Sonnenbeobachtung ist ein dankbares Gebiet. Wie intensiv Sie sich damit befassen möchten, liegt ganz bei Ihnen. Die Sonnenbeobachtung hat einen Vorteil: Man betreibt die Astronomie nicht nachts, sondern tagsüber, die erforderlichen Geräte für den Amateur sind schnell aufgestellt und eingerichtet. Lichtverschmutzung stellt quasi kein Problem dar. Aufgrund des hohen Sonnenstandes kann man natürlich am besten um die Mittagszeit beobachten, aber auch Beobachtungen morgens oder nachmittags, manchmal sogar am frühen Abend können interessante Details zeigen. Beobachtungen nebenbei bei einem gemütlichen Nachmittag im Garten sind ebenso möglich wie das ernsthafte Zeichnen der Strukturen und das Erfassen der Kennzahlen für die aktuelle Sonne. Ob jemand digital oder analog Bilder erfassen oder einfach nur beobachten möchte, die Sonnenbeobachtung kann für den einfachen Betrachter ein ebenso faszinierendes Feld sein wie für den Profi.
Auf Distanz
Podcast von Lars Naber, der sich mit Astronomie und Raumfahrt beschäftigt.
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