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Letzter Einsatz für den europäischen Raumtransporter ATV

Geschrieben am 05.08.2014 in Kategorie: Missionen der bemannten Raumfahrt

Der Weltraumfrachter "Georges Lemaître" ist mit 6,6 Tonnen Ladung zur ISS gestartet

Bisher versorgten bereits vier europäische Transporter die Internationale Raumstation ISS mit Fracht, jetzt startete am 30. Juli 2014 um 1:47 Uhr mitteleuropäischer Zeit mit "Georges Lemaître" das fünfte und letzte ATV (Automated Transfer Vehicle) der europäischen Raumfahrtorganisation ESA vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana aus ins All. Mit an Bord sind neben Dingen des alltäglichen Weltraumlebens wie Kaffee oder Kässpätzle und Nachschub für Treibstoff, Wasser und Atemluft auch Experimente wie der elektromagnetische Levitator EML, ein Schmelzofen, den der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst einbauen und erstmals in Betrieb nehmen wird. Voraussichtlich am 12. August 2014 wird der Transporter an der Raumstation andocken.

Für Volker Schmid, DLR-Programm-Manager für das ATV, geht mit der letzten Mission von "Georges Lemaître" eine Ära zu Ende: "Alle bisherigen ATV-Missionen sind gut gelaufen, die komplexen Transporter haben ihre Funktion erfüllt, die Station im All zu versorgen." Das erste europäische Raumfahrzeug - "Jules Verne" - flog 2008 zur ISS, seitdem folgten 2011 "Johannes Kepler", 2012 "Edoardo Amaldi" und 2013 "Albert Einstein". Das Programm endet nun mit dem 20-Tonner ATV-5 "Georges Lemaître". Statt einem ATV-6 werden die Europäer zukünftig als Anteil an der Internationalen Raumstation ISS das Antriebs- und Ressourcenmodul ESM (European Service Module) entwickeln, das das amerikanische NASA-Raumfahrzeug Orion mit vier Astronauten an Bord ins Weltall befördern soll. "Mit dem Ende des europäischen ATV-Programms werden die internationalen Partner mit den amerikanischen Dragon- und Cygnus-Transportern, der russischen Progress und dem japanischen HTV den europäischen Anteil der ISS-Versorgung ausgleichen müssen", sagt Volker Schmid. "Die Weiterentwicklung der ATV-Technik für das Multi-Purpose-Crew-Vehicle (MPCV) Orion wird es den Europäern aber ermöglichen, auch bei bemannten Missionen zum Beispiel zum Mond eine wichtige Rolle zu übernehmen."

Schmelzofen in der Schwerelosigkeit

Doch zuvor transportiert das letzte europäische ATV eine Nutzlast von 6.555 Kilogramm zu den Bewohnern der überirdischen Forschungsstation. Das schwerste Gesamtpaket ist dabei mit rund 400 Kilogramm der elektromagnetische Levitator, in dem ohne Kontakt zu einem Gefäß verschiedene metallische Legierungen geschmolzen und analysiert werden können. Ein materialphysikalisches Experiment, auf das sich der deutsche Astronaut Alexander Gerst besonders freut: Er wird die Anlage im europäischen Forschungslabor Columbus einbauen und den ersten Testbetrieb durchführen.

Insgesamt 18 Proben, mit denen auch Wissenschaftler des DLR forschen und arbeiten werden, reisen mit der Anlage zur Raumstation und sollen nach der erfolgreichen Installation den Materialphysikern am Boden die ersten Daten aus der Schwerelosigkeit liefern. Bei Versuchen auf der Erde, zum Beispiel mit dem EML-Bodenmodell des DLR-Instituts für Materialphysik im Weltraum, stören die Auswirkungen der Erdanziehungskraft. Diese sind aber an Bord der ISS ausgeschaltet, so dass Materialeigenschaften wie Dichte, Viskosität, elektrische Leitfähigkeit und thermische Ausdehnung dort exakt vermessen werden können und als Datenbasis in Computermodelle einfließen. Mit diesen werden dann unter anderem Gießprozesse in der Industrie optimiert.

Experimente von Astrophysik bis zur Ernährung

Ein weiteres Experiment, das sich nun auf dem Weg zu seinem Bestimmungsort im All befindet, ist das Instrument MFX (Magnetic Field Experiment) des DLR: "Damit wollen wir die Wechselwirkung zwischen dem Magnetfeld der Erde und einem elektrischen Leiter, der sich an Bord der ISS durch dieses Feld bewegt, untersuchen - und simulieren so auch, wie das interplanetare Magnetfeld und die Körper im Sonnensystem miteinander wechselwirken", erläutert Volker Schmid vom DLR-Raumfahrtmanagement. Auch einige besondere Kleidungsstücke für das Sporttraining von Astronaut Alexander Gerst sind an Bord: Das Experiment Spacetex erforscht neue Textilien, die nach der Nutzung im All auf der Erde auf mikrobiellen Befall und Geruchsentwicklung untersucht werden sollen. So wollen die Wissenschaftler das Grundwissen über den Wärmeaustausch des Körpers unter extremen Umweltbedingungen erweitern. Andere Experimente, die gut verstaut im ATV-5 unterwegs sind, sollen Aufschluss über den Energiebedarf der Astronauten (ENERGY) geben oder mit einem "Wireless Sensor Network" (WiSeNet) Umweltbedingungen messen und an eine Basisstation senden.

Lebensnotwendiges für die Raumstation und ihre Crew

Doch der europäische Raumfrachter ATV wird nicht nur für den Transport von Experimenten eingesetzt. Auch fast 3000 Kilogramm Treibstoff fliegen mit ins All - zum einen um die russischen Treibstofftanks der ISS wieder aufzufüllen, zum anderen für Bahnkorrekturen der ISS, die das ATV regelmäßig in den Monaten ausführt, an denen es an der Raumstation angedockt ist. Dazu kommen 855 Kilogramm Trinkwasser - frisch aus einer Quelle in der Nähe des italienischen Turin. Zu den Ersatzteilen im Laderaum des ATV-5 "Georges Lemaître" gehört unter anderem eine Pumpe, die auf der ISS zur Aufbereitung von Trinkwasser aus Urin eingesetzt wird. "Jedes ATV bringt sehr unterschiedliche Fracht zur Raumstation - immer nach dem aktuellen Bedarf", betont Volker Schmid.

Als erstes wird Alexander Gerst, der im August 2014 auch für die Überwachung des automatischen Andockens des ATV verantwortlich ist, den elektromagnetischen Levitator aus dem Frachtraum ins Columbus-Forschungsmodul transportieren. Erst dann ist der Zugang zur weiteren Fracht möglich. Für Gerst und seine Kollegen dürfte darunter auch einiges sein, dass ihnen eine willkommene Abwechslung auf ihrem Speiseplan ist: Mit "Georges Lemaître" fliegt das so genannte "Bonus Food" - das Wunschessen der Astronauten - zur ISS. Für den deutschen Astronauten sind in diesem Paket Konserven mit Kässpätzle, Linsen, Saitenwürstchen und Grießflammeri verstaut. Auch die Kaffee-Vorräte der ISS werden mit der Ankunft des ATV wieder aufgefüllt. Schließlich gehört auch noch ein kleines, gerade einmal golfballgroßes "Orbit-Herzchen" der Stiftung Kinderherz zum Gepäck. Die Stiftung fördert die Behandlung von Herzfehlern bei Kindern und setzt dabei auch auf Technologien aus der Raumfahrt wie beispielsweise auf winzige Schirmchen aus NiTinol-Legierungen, ein Material, das erstmals für Satellitenbauteile verwendet wurde und nun Löcher in Kinderherzen präzise verschließt.

Wissenschaftliche Daten bis zum Ende

Etwa sechs Monate wird der Raumtransporter an der Raumstation angedockt bleiben. Ende 2014 wird er mit mehreren Tonnen Abfall gefüllt und auf seine letzte Reise in Richtung Erdatmosphäre geschickt. Dabei wird das ATV-5 beim kontrollierten Wiedereintritt über dem Südpazifik auseinanderbrechen und verglühen - und zeitgleich noch wichtige Daten zur Erde senden, mit denen die Ingenieure auch Erkenntnisse für das Ende der Internationalen Raumstation und deren gezielten Rückkehr in die Erdatmosphäre sammeln.

Quelle

DLR - Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.
Das DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.) ist die deutsche Raumfahrtagentur. Es wurde 1969 durch den Zusammenschluss mehrerer Einrichtungen gegründet.

Webseite: http://www.dlr.de

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Start des ATV-5
Am 30. Juli 2014 um 1:47 Uhr mitteleuropäischer Zeit startete der europäische Raumtransporter ATV-5.
© ESA
Frachtraum des ATV-5
6.555 Kilogramm Fracht wurden an Bord des europäischen Raumtransporters ATV-5 "Georges Lemaitre" verstaut. Dazu gehörten Nahrung für die Astronauten, Nachschub von Treibstoff, Wasser und Atemluft sowie wissenschaftliche Experimente. Am 30. Juli 2014 startete das "Automated Transfer Vehicle" zur Internationalen Raumstation ISS.
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Annäherung des ATV-5 an die Internationale Raumstation ISS
Der europäische Raumtransporter ATV-5 "Georges Lemaitre" dockt automatisch an der Internationalen Raumstation ISS an. Der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst überwacht das Manöver und greift gegebenenfalls ein.
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