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Planet in bewohnbarer Zone um nächstgelegenen Stern gefunden
Die Beobachtungskampagne "Pale Red Dot" entdeckt einen Planeten mit erdähnlicher Masse um den Stern Proxima Centauri

Geschrieben am 24.08.2016 in Kategorie: Astronomie

Mit Teleskopen der ESO und anderen Einrichtungen ist es Astronomen gelungen, einen klaren Hinweis auf einen Planeten zu finden, der den nächsten Stern zur Erde, Proxima Centauri, umkreist. Dieser lang gesuchte Planet, genannt Proxima b, umkreist seinen kühlen, roten Mutterstern alle 11 Tage und besitzt eine Temperatur, die Wasser in flüssigem Zustand an der Oberfläche für möglich erscheinen lässt. Dieser Gesteinsplanet hat etwas mehr Masse als unsere Erde und ist der zu uns nächstgelegene extrasolare Planet - vielleicht ist er sogar der nächste Ort außerhalb unseres Sonnensystems, wo Leben existieren kann. Eine Publikation dieser epochalen Entdeckung erscheint am 25. August 2016 im Wissenschaftsmagazin Nature.

Gerade einmal vier Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt liegt der rote Zwergstern Proxima Centauri, abgesehen von der Sonne ist er der nächste Stern zur Erde. Dieser kühle Stern im Sternbild Centaurus ist zu schwach, um mit bloßem Auge sichtbar zu sein. Zudem liegt er ganz nah an dem viel helleren Sternpaar Alpha Centauri AB.

Während der ersten Jahreshälfte 2016 wurde Proxima Centauri regelmäßig mit dem HARPS-Spektrografen am 3,6-Meter-Teleskop der ESO auf La Silla und gleichzeitig mit anderen Teleskopen rund um den Globus beobachtet. Dies war die sogenannte Pale Red Dot-Kampagne, bei dem Astronomen unter der Leitung von Guillem Anglada-Escudé von der Queen Mary University in London nach jenen kleinen Bewegungen des Sterns suchten, die durch den gravitativen Einfluss eines ihn umkreisenden Planeten erzeugt würden.

Da dieses Thema ein großes Interesse in der Öffentlichkeit innehat, wurde zwischen Januar und April 2016 regelmäßig über den Fortschritt der Beobachtungen auf der Pale Red Dot-Webseite sowie in den sozialen Medien berichtet. Dazu gab es eine Reihe an populärwissenschaftlichen Beiträgen von Spezialisten aus aller Welt.

Guillem Anglada-Escudé erklärt den Hintergrund dieser außergewöhnlichen Suche: „Die ersten Hinweise auf einen möglichen Planeten wurden bereits 2013 entdeckt, aber die Ergebnisse waren nicht überzeugend. Seither haben wir mit Hilfe der ESO und anderen Partnern hart daran gearbeitet, weitere Beobachtungen durchführen zu können. Die Planung für unser nun durchgeführtes Red Pale Rot-Projekt dauerte fast zwei Jahre.“

Die Daten des Pale Red Dot-Projektes wurden mit früheren Beobachtungen von der ESO und anderen Observatorien kombiniert und ergaben so ein klares Signal – und überaus spannendes Ergebnis. Proxima Centauri bewegt sich regelmäßig mit etwa 5 Kilometer pro Stunde – normale Gehgeschwindigkeit – auf uns zu und wieder von uns weg. Dieses regelmäßige Muster der wechselnden Radialgeschwindigkeiten wiederholt sich mit einer Periode von 11,2 Tagen. Eine sorgfältige Analyse der Dopplerverschiebung im Spektrum des Sternes weist auf die Anwesenheit eines Planeten mit einer Mindestmasse von 1,3 Erdmassen in einer Entfernung von 7 Millionen Kilometern von Proxima Centauri hin – nur 5% des Abstands Erde-Sonne.

Anglada-Escudé erzählt über die Aufregung der letzten Monate: „Während der Pale Red Dot-Kampagne überprüfte ich jeden Tag die Konsistenz des Signals. Die ersten 10 Tage waren vielversprechend, die ersten 20 entsprachen den Erwartungen und nach 30 Tagen war das Resultat ziemlich klar, so begannen wir den Fachartikel zu schreiben!“

Rote Zwerge wie Proxima Centauri sind aktive Sterne und können durch ihre stellaren Veränderungen einen Planeten vortäuschen. Um dies auszuschließen beobachtete das Team auch die Veränderungen in der Helligkeit von Proxima Centauri mit dem ASH2-Teleskop am San Pedro de Atacama Celestial Explorations Observatory in Chile sowie mit dem Las Cumbres Observatory Global Telescope-Netzwerk. In der abschließenden Analyse wurden daher Radialgeschwindigkeitsdaten während der Zeit von Helligkeitsveränderungen des Sterns nicht zur Analyse herangezogen.

Obwohl Proxima b seinen Stern viel näher als Merkur in unserem Sonnensystem die Sonne umkreist, ist er viel schwächer als die Sonne. Aus diesem Grund liegt Proxima b gut innerhalb der habitablen Zone seines Muttersterns. Schätzungen seiner Oberflächentemperatur nach wäre das Vorhandensein von flüssigem Wasser möglich. Trotz seiner gemäßigten Umlaufbahn werden die Bedingungen an seiner Oberfläche stark von Ausbrüchen des Sterns im Ultravioletten und Röntgenbereich beeinflusst – in viel stärkerem Ausmaß als die Erde es von der Sonne erfährt.

Zwei zusätzliche Fachartikel diskutieren die Bewohnbarkeit und das Klima auf Proxima b. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass das Vorhandensein von flüssigem Wasser derzeit nicht ausgeschlossen werden kann. In einem solchen Fall würde es nur in Regionen mit starker Sonneneinstrahlung vorkommen, entweder in einem Teil der Hemisphäre des Planeten, die ständig dem Stern zugewandt ist (gebundene Rotation) oder in einem tropischen Gürtel (Rotation mit 3:2-Resonanz). Die Eigenrotation von Proxima b, die starke Strahlung von seinem Mutterstern und die Entstehungsgeschichte des Planeten führen zu einem verglichen mit der Erde deutlich anderen Klima. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass es auf Proxima b Jahreszeiten gibt.

Diese Entdeckung ist der Beginn von einer Reihe weiterer Beobachtungen mit aktuellen Instrumenten und mit der nächsten Generation von extrem großen Teleskopen wie des European Extremely Large Telescope (E-ELT). Proxima b wird in der Zukunft eines der wichtigsten Ziele für die Suche nach Leben im Universum sein. Und tatsächlich gibt es mit dem Projekt StarShot die Vision, das Alpha Centauri-System mit einen Raumfahrzeug von der Erde aus anzuvisieren.

Anglada-Escudé ergänzt: „Viele Exoplaneten wurde bisher gefunden und viele weitere werden in der Zukunft entdeckt werden, aber die Suche nach dem potentiell nächsten erdähnlichen Planeten war für uns alle eine einzigartige Erfahrung in unserem Leben. Es sind die Anstrengung vieler, die diese Entdeckung erst möglich machten. Ihnen allen sei Tribut und Ehre gezollt. Die Suche nach Leben auf Proxima b ist der nächste Schritt...“

Quelle

ESO - Europäische Südsternwarte
Die "Europäische Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre" oder auch kurz "Europäische Südsternwarte" ist ein Forschungsinstitut mit verschiedenen Observatorien.

Webseite: https://www.eso.org

Künstlerische Darstellung des um Proxima Centauri kreisenden Planeten
Die Abbildung zeigt eine künstlerische Darstellung des Planeten Proxima b im Orbit um den roten Zwergstern Proxima Centauri, dem nächsten Stern zu unserem Sonnensystem. Der Doppelstern Alpha Centauri AB ist im Bild zwischen dem Planeten und Proxima Centauri zu sehen. Proxima b besitzt etwas mehr Masse als die Erde und umkreist Proxima Centauri in einer habitablen Zone, wo die Oberflächentemperatur die Anwesenheit von flüssigem Wasser erlaubt.
© ESO / M. Kornmesser
Künstlerische Darstellung des um Proxima Centauri kreisenden Planeten
Die Abbildung zeigt eine künstlerische Darstellung der Oberfläche von Proxima b. Der Planet umkreist den roten Zwergstern Proxima Centauri, den nächsten Stern zu unserem Sonnensystem. Der Doppelstern Alpha Centauri AB ist im Bild rechts oberhalb von Proxima Centauri abgebildet. Proxima b besitzt etwas mehr Masse als die Erde und umkreist Proxima Centauri in einer habitablen Zone, wo die Oberflächentemperatur die Anwesenheit von flüssigem Wasser erlaubt.
© ESO / M. Kornmesser
Die Position von Proxima Centauri am Südhimmel
Die Abbildung kombiniert einen Blick zum südlichen Sternenhimmel über dem ESO 3,6 Meter Teleskop am La Silla Observatorium in Chile mit Bildern der Sterne Proxima Centauri (rechts unten) und dem Doppelsternsystem Alpha Centauri AB (unten links) vom NASA/ESA Hubble Space Telescope. Proxima Centauri ist der zum Sonnensystem nächstgelegene Stern und wird vom Planeten Proxima b umkreist. Dieser wurde mit Hilfe des HARPS Instrumentes am ESO 3,6 Meter Teleskop entdeckt.
© Y. Beletsky (LCO) / ESO / ESA / NASA / M. Zamani
Proxima Centauri und sein Planet verglichen mit unserem Sonnensystem
Diese Grafik vergleicht die Bahn des Planeten (Proxima b) um Proxima Centauri mit der gleichen Region in unserem Sonnensystem. Proxima Centauri ist kleiner und kühler als unsere Sonne und die Planetenbahn liegt viel näher am Stern als Merkur bei unserer Sonne. Als Ergebnis liegt die Bahn innerhalb der habitablen Zone, wo flüssiges Wasser auf der Oberfläche existieren kann.
© ESO / M. Kornmesser / G. Coleman
Die Bewegung von Proxima Centauri in 2016 verrät einen Planeten und dessen Eigenschaften
Die Abbildung zeigt für die erste Jahreshälfte von 2016, wie sich Proxima Centauri von der Erde weg bzw. auf sie zu bewegt. Zeitweise bewegt sich Proxima Centauri mit 5 Kilometer pro Stunde auf die Erde zu - normale Gehgeschwindigkeit - dann wieder entfernt er sich mit derselben Geschwindigkeit. Dieses regelmäßige Muster der sich verändernden Radialgeschwindigkeiten wiederholt sich mit einer Periode von 11,2 Tagen. Eine sorgfältige Analyse der kleinen Dopplerverschiebungen im Spektrum des Sternes ergab die Anwesenheit eines Planeten mit einer Masse von zumindest 1,3 Erdmassen und einer Entfernung von Proxima Centauri von 7 Millionen Kilometer - nur 5% der Sonne-Erde Entfernung.
© ESO / G. Anglada-Escudé
Die Himmelsregion um Alpha Centauri und Proxima Centauri (beschriftet)
Dieses Bild zeigt die Himmelsregion um den hellen Stern Alpha Centauri AB sowie um den viel schwächeren roten Zwergstern Proxima Centauri, den zu unserem Sonnensystem nächst gelegenen Stern. Das Bild wurde aus Bildern des Digitized Sky Survey 2 zusammengestellt. Der blaue Halo um Alpha Centauri AB ist ein Artefakt des fotografischen Prozesses, der Stern ist in Wirklichkeit schwach gelb wie unsere Sonne.
© Digitized Sky Survey 2 / Acknowledgement: Davide De Martin / Mahdi Zamani
Relative Größen der Komponenten von Alpha Centauri und anderen Objekten (künstlerische Darstellung)
Die Abbildung zeigt einen Größenvergleich von einigen astronomischen Objekten mit den bekannten Mitgliedern des Alpha Centauri Dreifach-Systems. Die Winkeldurchmesser dieser Objekte wurden mit dem Very Large Telescope Interferometer (VLTI) auf Cerro Paranal gemessen. Die Sonne und der Planet Jupiter sind zum Vergleich ebenfalls abgebildet.
© ESO
Die Himmelsregion um Alpha Centauri und Proxima Centauri
Dieses Bild zeigt die Himmelsregion um den hellen Stern Alpha Centauri AB sowie um den viel schwächeren roten Zwergstern Proxima Centauri, den zu unserem Sonnensystem nächst gelegenen Stern. Das Bild wurde aus Bildern des Digitized Sky Survey 2 zusammengestellt. Der blaue Halo um Alpha Centauri AB ist ein Artefakt des fotografischen Prozesses, der Stern ist in Wirklichkeit schwach gelb wie unsere Sonne.
© Digitized Sky Survey 2 / Acknowledgement: Davide De Martin / Mahdi Zamani
Künstlerische Darstellung des um Proxima Centauri kreisenden Planeten (beschriftet)
Die Abbildung zeigt eine künstlerische Darstellung der Oberfläche von Proxima b. Der Planet umkreist den roten Zwergstern Proxima Centauri, den nächsten Stern zu unserem Sonnensystem. Der Doppelstern Alpha Centauri AB ist im Bild rechts oberhalb von Proxima Centauri abgebildet. Proxima b besitzt etwas mehr Masse als die Erde und umkreist Proxima Centauri in einer habitablen Zone, wo die Oberflächentemperatur die Anwesenheit von flüssigem Wasser erlaubt.
© ESO / M. Kornmesser
Vergleich der scheinbaren Winkeldurchmesser
Die Abbildung zeigt den Vergleich des Winkeldurchmessers von Proxima Centauri, gesehen von Proxima b, mit dem unserer Sonne, wie diese von der Erde aus gesehen wird. Proxima Centauri ist zwar viel kleiner als unserer Sonne, aber Proxima b liegt sehr nahe am Mutterstern und daher erscheint dieser größer.
© ESO / G. Coleman
Pale Red Dot
Pale Red Dot ist ein internationales Suchprogramm nach einem erdähnlichen Exoplaneten um unseren nächste Nachbarstern Proxima Centauri. Zum Einsatz kommen wird HARPS, das am 3,6-Meter-Teleskop der ESO am La Silla-Observatorium angebracht ist, sowie das Las Cumbres Observatory Global Telescope Network (LCOGT) und das Burst Optical Observer and Transient Exploring System (BOOTES).
© ESO / Pale Red Dot