Logo

La-Silla-Observatorium wird 50!
Die erste Sternwarte der ESO feiert ein halbes Jahrhundert astronomischer Forschung

Geschrieben am 29.03.2019 in Kategorie: Astronomie

Seit ihrer Einweihung im Jahr 1969 steht die Sternwarte La Silla der ESO an der Spitze der Astronomie. Ihre Palette modernster Instrumente hat es Astronomen ermöglicht, bahnbrechende Entdeckungen zu machen und den Weg für zukünftige Generationen von Teleskopen geebnet. Auch nach 50 Jahren Beobachtungen gehen die Teleskope der ESO in La Silla weiter an die Grenzen der Astronomie, entdecken fremde Welten und enthüllen den Kosmos in atemberaubenden Details.

Der Bau von La Silla auf dem Gipfel des chilenischen Berges Cinchado-Nord am Rande der Atacama-Wüste begann 1965, drei Jahre nach der Gründung der ESO [1]. Der Standort wurde wegen seiner Erreichbarkeit, des trockenen Klimas und der idealen Beobachtungsbedingungen ausgewählt – perfekt für den Bau einer weltweit führenden Sternwarte.

Die Beobachtungen begannen mit den relativ kleinen ESO 1-Meter- und ESO 1,52-Meter-Teleskopen. Die Anzahl und Vielfalt der Teleskope auf La Silla hat mit zunehmender Entwicklung der Sternwarte zugenommen, so dass der Standort nun 13 operative Teleskope beherbergt – nicht nur von der ESO, sondern auch von Ländern, Universitäten und Kooperationen auf der ganzen Welt. Zu diesen Teleskopen gehören TRAPPIST-Süd, das Rapid Eye Mount-Teleskop (REM) und das TAROT-Teleskop, das für die Entdeckung von Gammastrahlen-Ausbrüchen eingesetzt wird.

Auch 50 Jahre nach seiner Einweihung bleibt La Silla eine Hochburg der ESO an der Spitze der Astronomie und liefert Daten für über 200 Publikationen pro Jahr. Obwohl das Flaggschiff der ESO heute das Very Large Telescope (VLT) am Paranal ist, betreibt die ESO am Standort La Silla immer noch zwei der produktivsten Teleskope der 4-Meter-Klasse der Welt. Das erste große Teleskop der ESO, das ESO 3,6-Meter-Teleskop, beherbergt den weltweit führenden Planetenjäger – den High Accuracy Radial Velocity Planet Searcher (HARPS), einen Spektrografen mit unübertroffener Präzision, der viele fremde Welten entdeckt hat.

Das zweite noch in Betrieb befindliche ESO-Teleskop auf La Silla – das New Technology Telescope (NTT) mit seinem 3,58 Meter messenden Hauptspiegel – beschritt neue Wege im Teleskopbau und war das erste der Welt mit einem computergesteuerten Hauptspiegel. Diese innovative Technologie, die aktive Optik genannt wird, wurde bei der ESO entwickelt und wird heute bei den meisten großen Teleskopen der Welt eingesetzt. Neben der Durchführung einer Vielzahl wissenschaftlicher Beobachtungen war dieses Teleskop maßgeblich daran beteiligt, den Weg für das VLT zu ebnen.

Beide Teleskope erhalten Verbesserungen, um sie in der astronomischen Spitzenklasse zu halten. Das NTT wird in Kürze das bahnbrechende SoXS-Instrument beherbergen, einen Spektrografen, der entwickelt wurde, um vorübergehende und variable astronomische Ereignisse aus fotografischen Durchmusterungen nachzubeobachten. Das ESO 3,6-MeterTeleskop wird mit NIRPS ausgestattet sein, einem Infrarot-Planetenjagdinstrument, das die bereits beeindruckenden Fähigkeiten von HARPS ergänzen wird. Diese Neuankömmlinge werden zusammen mit neuen Gastteleskopen wie ExTrA und BlackGEM dafür sorgen, dass das La Silla-Observatorium weiterhin an der Spitze der astronomischen Wissenschaft steht.

Viele der zehn wichtigsten Entdeckungen der ESO wurden mit Hilfe von Teleskopen auf La Silla gemacht. Zu den Höhepunkten der umfangreichen wissenschaftlichen Forschung der letzten fünf Jahrzehnte gehören: die Entdeckung der beschleunigten Expansion des Universums – ein Ergebnis, das den Nobelpreis 2011 in Physik einbrachte; die Entdeckung eines Planeten beim nächstgelegenen Stern; die Beobachtung des ersten Lichts von einer Gravitationswellenquelle; die Bestimmung der genauesten Entfernungen zu nahegelegenen Galaxien durch das von Chile geführte Araucaria-Projekt und die Entdeckung von sieben Planeten um einen ultrakühlen Zwerg im System TRAPPIST-1.

Zwei besondere astronomische Ereignisse erschütterten die Routine von La Silla und erregten wochenlang die Aufmerksamkeit des Orchesters von Teleskopen: die Explosion der Supernova SN 1987A und die Kollision des Kometen Shoemaker-Levy 9 mit Jupiter. Vor allem letzteres beeinträchtigte das Leben auf La Silla mit 10 auf Jupiter getrimmten Teleskopen und Live-Presseveranstaltungen in Garching und Santiago, die die Medien über die neuesten Entwicklungen der verhängnisvollen Kollision unterrichteten.

Neben seinen astronomischen Durchbrüchen hat La Silla eine äußerst wichtige Rolle bei der Entwicklung der Astronomie in Chile gespielt, und chilenische Astronomen benutzen in La Silla routinemäßig Teleskope für ihre wissenschaftliche Forschung. Der Betrieb und die kontinuierliche Weiterentwicklung von ESO-Einrichtungen einschließlich La Silla hat auch eine Vielzahl von Möglichkeiten für das Engagement der chilenischen Industrie, des Ingenieurwesens und der Wissenschaft eröffnet. Die Teleskope von La Silla dienten auch als Trainingsort für neue Generationen von europäischen und chilenischen Astronomen, wie zum Beispiel die ESO-NEON Observing Schools zeigen, die regelmäßig in La Silla stattfinden.

La Silla hat sowohl Herausforderungen als auch Erfolge erlitten; während die Sternwarte fast perfekte Beobachtungsbedingungen vorfindet, ist sie auch von regelmäßiger tektonischer Aktivität bedroht. Die Erdbeben in La Silla haben bisher keine größeren Probleme verursacht, obwohl die Region gelegentlich in der Nähe des Epizentrums der schweren Erdbeben liegt. Die Sternwarte ist nun einem weiteren beunruhigenden Risiko ausgesetzt – die Lichtverschmutzung durch die nahe gelegene Panamerikana-Schnellstraße bedroht den dunklen Himmel von La Silla.

Mit dem fünfzigjährigen Bestehen dieser renommierten Sternwarte wird sie nicht nur die professionelle, sondern auch die Amateurastronomie und die breite Bewunderung für astronomische Phänomene fördern – in diesem Jahr wird von La Silla aus eine totale Sonnenfinsternis sichtbar sein. Wenn der Mond das Antlitz der Sonne bedeckt und den Tag zur Nacht macht, werden Hunderte von Besuchern nicht nur dieses spannende astronomische Ereignis feiern, sondern auch das wissenschaftliche Erbe von La Silla, der ursprünglichen Sternwarte der ESO.

Quelle

ESO - Europäische Südsternwarte
Die "Europäische Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre" oder auch kurz "Europäische Südsternwarte" ist ein Forschungsinstitut mit verschiedenen Observatorien.

Webseite: https://www.eso.org

Das La-Silla-Observatorium
Das La-Silla-Observatorium im März 2003.
© ESO
ESO-Schild an der Zufahrtstraße nach La Silla
Das ESO-Schild am Beginn der Zufahrtstraße nach La Silla, im Jahr 1967.
© ESO / Middelburg
Strahlende Milchstraße über La Silla
Unsere gigantische Milchstraße erstrahlt über dem La-Silla-Observatorium. Das 3,6-Meter-Teleskop der ESO ist rechts unten zu sehen. Es beherbergt jetzt das weltweit führende Instrument zur Jagd auf Exoplaneten: den High Accuracy Radial velocity Planet Searcher (HARPS), einen Spektrografen mit einzigartiger Genauigkeit.
© ESO /B. Tafreshi (twanight.org)
La Silla vom Fuß bis zur Spitze
Ansicht des Berges La Silla vom Fuß bis zur Spitze. Das La-Silla-Observatorium, die erste Observatoriumsanlage der ESO ist auf dem Gipfel zu erkennen. Am Fuße des Berges liegt das Camp Pelicano in dem engen Tal Quebrada Pelicano. Diese kleine Oase sorgt für die Wasserversorgung des Observatoriums. Die ESO hat dort Mitte der 60er Jahre ihr erstes Basislager errichtet.
© ESO / José Francisco Salgado (josefrancisco.org)
Juni 1963 – Gipfeltreffen auf dem Cerro Morado
Vom 8. bis 10. Juni 1963 waren die Vertreter der ESO Gäste auf dem Gelände von AURA und am 10. Juni auf dem Cerro Morado, um über die Perspektiven der ESO in Chile zu sprechen. Am 8. Juni 1963 unternahmen sie die Reise zu Pferd nach Tololo, wo der größte Teil des 9. Juni für die Besichtigung des AURA-Geländes verwendet wurde. Von dort aus begaben sich beide Gruppen am 10. Juni auf den Nachbarberg Morado auf dem AURA-Gebiet, südlich von Tololo; es war der Vorschlag von AURA, dass dieser Berg mit seiner großen Oberfläche und seinen gut erprobten, günstigen Beobachtungsbedingungen einen geeigneten Standort für das ESO-Observatorium bieten könnte. Auf dem Foto, von links nach rechts: Ch. Fehrenbach, O. Heckmann, Sr. Marchetti, J. H. Oort, N. U. Mayall, F. K. Edmondson und A. B. Muller.
© ESO / F. K. Edmondson
Bau der La Silla-Sternwarte
Straßenarbeiten nahe des Gipfels von La Silla (rechts) in der IV. Region Chiles im Jahr 1968.
© ESO
Bilder des Einschlags von Shoemaker-Levi 9 auf Jupiter
Beobachtungen von Shoemaker-Levy 9, der auf Jupiter einschlägt.
© ESO
Hissen der chilenischen Flagge während der Eröffnungszeremonie von La Silla
Einweihung der Straße, die zum Observatorium La Silla führt, im März 1964. Das Bild zeigt das Hissen der chilenischen Flagge während der Eröffnungsfeier.
© ESO
Flug über La Silla, 1964
Linker Teil von La Silla. Das erste Foto, aufgenommen 1964 anlässlich eines Hubschrauberfluges von O. Heckmann.
© ESO / O. Heckmann