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Wächter unserer Atmosphäre: Umweltsatellit Sentinel-5P ist im All
Das europäische Erdbeobachtungsprogramm Copernicus wächst

Geschrieben am 13.10.2017 in Kategorie: Sentinel-Satelliten, GMES, Copernicus

Welche Spurengase wie Stickstoffoxid, Ozon, Formaldehyd, Schwefeldioxid, Methan und Kohlenmonoxid sind in unserer Atmosphäre? Wie hoch sind die globalen und regionalen Feinstaubkonzentrationen? Welche Prozesse stecken hinter Veränderungen der Atmosphäre und wie wirkt sich das auf unser Klima, unsere Luftqualität und damit auch unsere Gesundheit aus?

Antworten auf diese Fragen soll der jüngste Satellit des Europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus geben: Sentinel-5P ist am 13. Oktober 2017 um 11.27 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit an Bord einer Rockot-Trägerrakete vom nordrussischen Weltraumbahnhof in Plesetsk ins All gestartet. Um 12.46 Uhr MESZ erfolgte die planmäßige Abtrennung des Satelliten, die Solarpaneele entfalteten sich und das erste Signal wurde empfangen.

Sentinel-5P - das P steht dabei für "Precursor", also Vorläufer - ist Teil der Sentinel-Satellitenflotte, die seit 2014 aufgebaut wird. Bis 2030 soll das in Qualität und Quantität weltweit einzigartige Umweltüberwachungsprogramm 20 Erdbeobachtungssatelliten umfassen.

"Sentinel-5P schließt weitestgehend die Lücke der Messung von Spurengasen zwischen dem europäischen Umweltsatelliten ENVISAT und Sentinel-5, das als Sensor auf den MetOp Wettersatelliten der zweiten Generation ab 2021 zur Verfügung stehen wird. Mit Sentinel-5P wird zudem der erste Atmosphärensensor des Copernicus-Programms in Betrieb genommen", erläutert Albrecht von Bargen vom Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bonn.

Deutschland beteiligt sich mit 256 Millionen Euro - das sind gut 22 Prozent - am Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Raumfahrtagentur ESA und ist gemeinsam mit dem Vereinigten Königreich Programmführer. Copernicus (siehe Infokasten 1) ist ein Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union, bei dem die ESA und ihre Mitgliedsstaaten die so genannte Weltraumkomponente - also die Sentinel-Satelliten und die wissenschaftlichen Messinstrumente an Bord der Satelliten - zur Verfügung stellen. In Deutschland ist das DLR Raumfahrtmanagement im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie für die Koordination der deutschen ESA-Beiträge zuständig und im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur auch für die Umsetzung der nationalen Copernicus-Dienste. Am 13. September 2017 hat das Bundeskabinett eine Copernicus-Strategie für Deutschland verabschiedet.

Der rund 820 Kilogramm schwere Sentinel-5P beobachtet aus 824 Kilometern Höhe die Spurengase der Erdatmosphäre. Mit seinem Messinstrument TROPOMI (Tropospheric Monitoring Instrument) ist der Satellit in der Lage, Tag für Tag wichtige Information über die Luftverschmutzung, den Zustand der Atmosphäre sowie die Änderung des Klimas zu liefern. Mit einem Sichtfeld von 2600 Kilometern, knapp 1000 hochauflösenden Spektralkanälen und einer hohen räumlichen Auflösung wird Sentinel-5P jeden Tag unseren gesamten Planeten kartieren und setzt auch technisch neue Standards: TROPOMI misst im ultravioletten, sichtbaren, nahen und kurzwelligen infraroten Wellenlängenbereich und kann einen weiten Bereich an Luftschadstoffen wie Stickoxide, Ozon, Formaldehyd, Schwefeloxide, Methan und Kohlenmonoxid beobachten. Die Produkte zu diesen Spurengasen werden im Copernicus Atmosphärendienst eingesetzt, um Daten auch zu regionaler Luftverschmutzung zur Verfügung zu stellen. DLR-Wissenschaftsmanager Albrecht von Bargen: "Immer mehr öffentliche Einrichtungen greifen auf diese Produkte zurück, um die Bürger bei Schadstoffbelastungen in dicht besiedelten Gebieten zu warnen. Dazu gehören auch Maßnahmen, um die negativen Auswirkungen auf die Menschen zu verringern. Ein praktisches Beispiel für den nachhaltigen Beitrag der Raumfahrt für eine gesündere Umwelt."

Die Mission soll aber auch andere Daten bereitstellen wie zum Beispiel für die Überwachung von Vulkanasche für die Flugsicherheit oder für Warnungen vor zu hoher UV-Strahlung. Bedeutend ist die Fortsetzung der Zeitreihen der Messinstrumente GOME, SCIAMACHY, GOME-2 und MIPAS durch Sentinel-5P: Langjährige Klimadatensätze werden damit fortgeschrieben und finden Eingang in den Copernicus Klimadienst.

Das gesamte Nutzlastbodensegment einschließlich des Datenempfangs, der Prozessierung, Archivierung und Datenverteilung wurde vom Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum des DLR in Oberpfaffenhofen entwickelt und integriert. Eingebunden in das Bodensegment der ESA wird auch der operationelle Betrieb des Nutzlastbodensegments vom Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum verantwortet. Die Datenprozessoren, die die Messdaten in geophysikalische Datenprodukte verwandeln, wurden von DLR Institut für Methodik der Fernerkundung , der Universität Bremen, und dem Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz in einem europäischen Konsortium entwickelt.

Copernicus - das europäische Erdbeobachtungsprogramm

Die Sentinel-Satelliten sind Teil des Copernicus-Programms der Europäischen Union. Es dient der Sammlung und Auswertung von Fernerkundungsdaten der Erde. Die Daten werden von Behörden, Unternehmen, der Wissenschaft und interessierten Bürgern genutzt.

Copernicus besteht aus sechs Satellitenfamilien, den sogenannten Sentinels ("Wächtern"), die die Erde und Atmosphäre erfassen und somit wichtige Daten zu Klimaschutz, nachhaltiger Entwicklung, humanitärer Hilfe, ziviler Sicherheit und zum Zustand der Ozeane, des Landes und der Vegetation liefern. Ergänzt werden die Satelliten-Daten durch Messgeräte am Boden, in der Luft und in Gewässern.

Den Betrieb der insgesamt 20 Umweltsatelliten übernehmen die europäische Weltraumagentur ESA und die Europäische Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten, EUMETSAT.

In Deutschland ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) federführend für Copernicus verantwortlich. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) begleitet das Programm in Deutschland.

Deutsche Partner in Industrie und Forschung

Sentinel-5P ist eine Kooperation zwischen den Niederlanden und der ESA, die 40 Prozent der Kosten trägt. In Deutschland ansässige Firmen wie Airbus Defence & Space in Friedrichshafen haben jedoch entscheidende Teile des Satelliten (Massenspeicher und Strahlungskühler) bzw. des Messinstruments TROPOMI beigesteuert. Wichtige Bauteile des Instruments und der Plattform wurden bei verschiedenen Unternehmen in Deutschland hergestellt - zum Beispiel bei der STI GmbH (Solarzellen) und der ZARM Technik AG. An den Sentinel-Missionen und damit am Copernicus-Programm beteiligt ist auch das Deutsche Erdbeobachtungszentrum des DLR in Oberpfaffenhofen, das das Nutzlast-Bodensegment aufgebaut hat und für ESA betreibt. Ein Konsortium unter Beteiligung des DLR, der Universität Bremen und des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz hat die wissenschaftliche Datenverarbeitung aufgebaut.

Quelle

DLR - Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.
Das DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.) ist die deutsche Raumfahrtagentur. Es wurde 1969 durch den Zusammenschluss mehrerer Einrichtungen gegründet.

Webseite: http://www.dlr.de

Start des Erdbeobachtungssatelliten Sentinel-5P am 13. Oktober 2017
Der europäische Erdbeobachtungssatellit Sentinel-5P ist am 13. Oktober 2017 um 11.27 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) vom nordrussischen Raumfahrtzentrum Plesetsk an Bord einer Rockot-Trägerrakete ins All gestartet. Sentinel-5P soll als erster Satellit des europäischen Copernicus-Erdbeobachtungsprogramms gefährliche Spurengase in der Erdatmosphäre über einen langen Zeitraum beobachten und dokumentieren.
© ESA
Sentinel-5P und Tropomi
Sentinel-5P ist der erste Copernicus-Satellit, der die Atmosphäre beobachtet. Das Messinstrument TROPOMI untersucht zahlreiche Spurengase und ihre Auswirkungen auf die Luftqualität und unser Klima.
© ESA / Stephane Corvaja, 2017
"Hochzeit" von Satellit und Trägerrakete
Zehn Tage vor dem Start setzen die Techniker und Ingenieure im russischen Kosmodrom in Plesetsk den Sentinel-5P-Satelliten vorsichtig auf die Oberstufe der Rockot-Trägerrakete.
© ESA / Stephane Corvaja, 2017