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DLR testet australisches Raumfahrzeug

Geschrieben am 13.12.2011 in Kategorie: Sonstige Missionen

Können neuartige Triebwerke den Flug ins All leichter und preiswerter machen? Dieser Frage gehen Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in einem der europaweit bedeutendsten Hyperschallwindkanäle in Göttingen nach.

Sie testen den Antrieb des australischen Experimental-Raumfahrzeuges SCRAMSPACE 1, das 2013 starten soll.

Flug bei 10-15facher Schallgeschwindigkeit?

Dabei handelt es sich um einen so genannten Scramjet (Supersonic Combustion Ramjet - Staustrahltriebwerk mit Überschallverbrennung). Das ist ein Triebwerk, das Hyperschallflüge bis Mach 15 ermöglichen soll. Im Gegensatz zu normalen Düsentriebwerken gibt es keine beweglichen Teile. Dafür muss ein Scramjet erst auf Hyperschallgeschwindigkeit beschleunigt werden, um zu funktionieren.

Australien gilt als eines der führenden Länder in der Erforschung der Scramjet-Technologie. In einem Flugversuch wurde dort 2002 erstmals die Funktionsfähigkeit einer Scramjet-Brennkammer nachgewiesen. Bereits damals war das DLR beteiligt.

Potentielle Vorteile von Scramjets

Die Australier setzen in Scramjets große Erwartungen für die Zukunft der Raumfahrt. Sie könnten die Effizienz und Zuverlässigkeit erhöhen und die Kosten senken, hofft SCRAMSPACE-Projektleiter Professor Russell Boyce von der Universität Queensland. Der Vorteil von Scramjets: Da sie den Sauerstoff aus der Luft nehmen, braucht er nicht mittransportiert zu werden. Nach den Vorstellungen von Boyce würde ein Scramjet idealerweise mit einer mehrstufigen Rakete kombiniert werden.

Große Herausforderungen

Für Tests des kompletten Scramjet-Antriebs mit Einlauf, Brennkammer und Düse sind spezielle Testanlagen notwendig. Eine davon ist der Hochenthalpiekanal Göttingen (HEG), in dem die aktuellen Versuche durchgeführt werden. Der HEG ist eine der größten und führenden Anlagen der Hyperschallforschung. In ihm können größere Modelle als in Australien untersucht werden, so Boyce.

In dem 62 Meter langen Windkanal verdichtet zunächst ein Kolben ein Treibgas wie in einer riesigen Luftpumpe. Nach dem Platzen einer Stahlmembran komprimiert und heizt eine starke Stoßwelle ein Testgas, bevor es in einer Windkanaldüse auf 8.800 Stundenkilometer beschleunigt wird.
Dann strömt das Gas um das Modell. Dieses Szenario simuliert den Flug des Raumfahrzeuges in einer Höhe von etwa 30 Kilometern, sagt Dr. Klaus Hannemann, Leiter der Abteilung Raumfahrzeuge im DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik in Göttingen.

Die Forscher interessieren dabei die komplexen aerothermodynamischen Vorgänge im Scramjet. Wie muss der Treibstoff eingespritzt werden? Wie kann die Verbrennung verbessert werden? Außerdem wird untersucht, ob sich die physikalisch-chemischen Bedingungen auf ein größeres Triebwerk übertragen lassen. Nur deutlich größere Scramjets könnten einst einen Einsatz in der Raumfahrt sinnvoll erscheinen lassen.

Bis zu einer möglichen Verwendung von Scramjets in der Raumfahrt ist es ein langer Weg. Wir wollen mit den Untersuchungen das grundlegende Potential für Scramjets ausloten, erklärt Hannemann.

Eine weitere Herausforderung für Scramjets stellt die Entwicklung neuartiger Materialien dar. Das DLR-Institut für Bauweisen- und Konstruktionsforschung in Stuttgart ist führend auf diesem Gebiet und liefert für den Flugversuch die Steuerflossen.

Start und Landung in der Wüste

Im März 2013 soll SCRAMSPACE 1 (Scramjet-based Access-to-Space Systems) vom australischen Weltraumbahnhof Woomera starten. Das 1,8 Meter lange Raumfahrzeug wird von zwei Raketenstufen bis in 340 Kilometer Höhe transportiert. Nach dem Verlassen der Atmosphäre trennt sich der Scramjet von der Rakete, Steuerruder stabilisieren ihn bei der Rückkehr. Beim Rückflug beschleunigt das Fahrzeug bis auf Mach 8 - rund 8.600 Kilometer pro Stunde. Der für die Wissenschaftler wichtige Teil des Experiments findet zwischen 32 und 27 Kilometern Höhe statt. Dann zündet der Scramjet und verschiedenste Messinstrumente untersuchen die Verbrennung.

Die Landung in der australischen Wüste wird hart: Es wird bereits in der Luft auseinanderbrechen und einfach herunterfallen, so Boyce. Die für die Forscher wichtigen Daten sollen bereits vorher per Funk übertragen werden.

Den Start von SCRAMSPACE 1 wird die Mobile Raketenbasis MORABA des DLR Oberpfaffenhofen durchführen. Das DLR Braunschweig hat die Aerodynamik des Scramjets berechnet. Zu den internationalen Partnern des australischen Projektes zählen unter anderen die japanische und italienische Raumfahrtagentur.

Quelle

DLR - Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.
Das DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.) ist die deutsche Raumfahrtagentur. Es wurde 1969 durch den Zusammenschluss mehrerer Einrichtungen gegründet.

Webseite: http://www.dlr.de

Illustration von SCRAMSPACE I
Illustration von SCRAMSPACE I: Das 1,8 Meter lange Raumfahrzeug wird von zwei Raketenstufen bis in 340 Kilometer Höhe transportiert. Nach dem Verlassen der Atmosphäre trennt sich der Scramjet von der Rakete, Steuerruder stabilisieren ihn bei der Rückkehr.
© Nico Reuther / Sandy Tirtey
Inspektion des Modells im Hyperschallwindkanal
Scramjet im Göttinger Windkanal: Professor Russell Boyce von der Universität Queensland begutachtet den Scramjet-Antrieb im Hochenthalpiekanal Göttingen.
© DLR (CC-BY 3.0)
Computersimulation der Aerodynamik
SCRAMSPACE I auf der Spitze einer zweistufigen Rakete: Das DLR Braunschweig hat die Aerodynamik des australischen Raumfahrzeuges berechnet.
© Melrose Brown
Forscher vor dem Hyperschallwindkanal
Forscher an einem der bedeutendsten Hyperschallwindkanäle Europas: Dr. Jan Martinez-Schramm (DLR), Dr. Klaus Hannemann (DLR) und Professor Russell Boyce (Universität Queensland; von links).
© DLR (CC-BY 3.0)