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ISS: Der erste Versuch durchs Teleskop

Geschrieben am 07.06.2017 in Kategorie: Amateurastronomie

Die Internationale Raumstation ISS kann problemlos beobachtet werden. Wenn man in den richtigen Momenten schaut, kann man die Raumstation als ziemlich hellen Lichtpunkt über den Himmel ziehen sehen. Vor einiger Zeit sah ich dann Bilder der Raumstation, die durch astronomische Teleskope gewonnen wurden und war überrascht, welche Details da erkennbar sind. Einige der eingesetzten Geräte sind meinem Teleskop recht ähnlich und ich wollte eine solche Aufnahme auch gerne mal probieren.

Vorgeschichte

Allerdings habe ich bislang nur Technik für die fokale Projektion durch das Teleskop. Das ist zwar in Sachen Lichtstärke eine gute Methode, bietet aber nur eine geringe Vergrößerung. In meinem Falle passen gut zwei Drittel des Mondes auf den Chip. Ich befürchtete, dass das zu wenig sein würde.

Außerdem muss man die Raumstation erst mal treffen. Das Teleskop muss entweder direkt auf die Raumstation zeigen und nachgeführt werden oder man richtet das Teleskop auf einen Bereich am Himmel aus, den die Raumstation durchfliegen wird und macht im richtigen Moment Aufnahmen.

Hinzu kommen in meinem Fall noch die fotografischen „Probleme“. Meine Kamera ist nicht videotauglich. Über die Software „EOS Camera Movie Record“ kann ich zwar eine Bilderfolge mit ca. 20 Bildern pro Sekunde von der Kamera bekommen, aber diese nutzt nur das Bild vom „Liveview“ der Kamera und liefert nicht die volle Auflösung. Bei mir sind die Bilder aus dem Programm 848 x 560 Pixel groß, das ist eher mager. Die volle Auflösung bekomme ich nur für Fotos. Da müsste ich dann aber wiederum den genauen Moment treffen, um die ISS zu erwischen.

Mir waren das zu viele Wenn und Aber und ich habe mich an die ISS mit dem Teleskop nie herangetraut. Zwischenzeitlich habe ich das Thema auch mal komplett aus den Augen verloren.

Ein Tweet

Am 4. Juni 2017 schrieb David Blanchflower‏ bei Twitter über einen bevorstehenden Mondtransit der ISS. Ich wusste wohl, dass es diese Ereignisse gibt, hatte aber nie versucht, mir eines davon anzusehen.

So ein Mondtransit der ISS kommt zwar immer wieder mal vor, ist aber für einen Punkt der Erde eher selten. Das liegt an der Parallaxe. Der Mond ist über 350000 Kilometer weit von uns entfernt, die ISS im Durchschnitt 400 Kilometer. Schaut man nun über die ISS in Richtung Mond, führen schon kleine Unterschiede am Standort auf der Erde zu großen Unterschieden beim Anblick von ISS und Mond.

David Blanchflowers Tweet fiel mir ins Auge und ich schaute nach, wie diese Transit-Ereignisse berechnet werden. David nutzte die Webseite „ISS Transit Finder“. Ich probierte das auch mal aus und erhielt ein sehr überraschendes Ergebnis: Auch für meinen Wohnort gab es einen Transit an diesem Abend, etwa eine Stunde später. Die ISS würde aber nicht mittig über den Mond fliegen, sondern eher an Rand ein Stück schneiden. Um die ISS zentral vor dem Mond zu sehen, würde ich aber nur vier bis fünf Kilometer fahren müssen. So stark wirkte sich die eben beschriebene Parallaxe aus.

Spannend war der Transit für mich, weil ich mit dem Mond einen eindeutigen Bezugspunkt haben würde, auf den ich das Teleskop richten konnte. Die ISS müsste dann auf jeden Fall durch den beobachteten Bereich fliegen.

Der Wetterbericht für den Abend sah nicht übel aus und ich bereitete die Beobachtung vor. Ich testete die Kamera mit „EOS Camera Movie Record“ und testete die Stromversorgung des Teleskops aus dem Auto heraus.

Ich war gespannt, ob ich irgendetwas erkennen würde. Aber mir auch klar, dass diese Sache Schwächen hatte. Ich würde mit sehr schwacher Vergrößerung arbeiten und von der Kamera nur niedrig aufgelöste Bilder bekommen. Das nahm ich aber in Kauf, denn ich befürchtete, den richtigen Moment zu verpassen, wenn ich versuchen würde, ein einzelnes Foto zu machen. Der Transit sollte in 0,93 Sekunden vorbei sein. Über die Nutzung der Software würde ich etwa 18-19 Bilder bekommen.

Während meiner Versuche bemerkte ich eine Zoomfunktion in der Software. Diese liefert dann weiterhin Bilder mit der gleichen Größe, nimmt aber offenbar wirklich Pixel mit höherer Auflösung vom Kamerachip. Kurz überlegte ich, diese Funktion zu benutzen, denn der Gewinn war schon recht groß. Aber ich würde damit wieder einen kleineren Bereich abdecken. Wenn ich die ISS verfehlen würde, hätte ich gar nichts. Also ging ich für diesen ersten Versuch ganz vorsichtig vor und hatte dafür dann keine großen Erwartungen.

Der Transit

Etwa 30 Minuten vor dem Transit stand ich an einem einsamen Feldweg an einer Stelle nahe der Zentrallinie, die mir vom „ISS Transit Finder“ angezeigt worden war. Das Teleskop und ein Fotostativ waren schnell aufgebaut und die Nachführung auf den Mond eingestellt. Nun hieß es zu warten.

Die Bedingungen waren nicht gut. Der Himmel war dunstig und ließ nur wenige Sterne sehen. Aber Mond und Jupiter waren klar zu sehen. In der Nähe beider Objekte sollte die ISS dann zu sehen sein.

Als die ISS dann erschien, startete ich die Belichtung der Kamera auf dem Fotostativ und die Aufnahme auf dem Notebook für die Kamera am Teleskop. Kurz konnte ich die ISS auf dem Monitor aufblitzen sehen, dann war das Ereignis auch schon wieder vorbei.

Ich beendete die Aufnahme und schaute mir ein Einzelbild an. Die ISS war genau am berechneten Punkt durchgeflogen. Aber ich hatte nicht auf die Belichtungszeit geachtet. Eingestellt war 1/15 Sekunde, viel zu viel. Die ISS ist so schnell, dass sie in der Aufnahme auf jedem Bild einen Strich hinterließ.

Gelerntes

Ich hatte mich gefragt, ob ich Details der ISS würde sehen können. Natürlich hatte ich schon ein wenig gehofft, aber die Grenzen der Technik waren auch klar. Und mit der falsch gewählten Belichtungszeit konnte das nichts werden.

Aber ansonsten hatte schon ziemlich viel geklappt. Der Ausschnitt war genau getroffen worden und ich hätte die ISS offenbar auch mit dem Zoom erwischt. Das kann ich mir für das nächste Mal merken. Und wenn die Positionen so gut passen, bin ich vielleicht nicht auf einen Transit angewiesen. Vielleicht kann ich die Bahn der ISS von einer Software so gut berechnen lassen, dass ich das Teleskop auf bestimmte Sterne ausrichte statt auf den Mond. Dann hätte ich auch einen besseren Kontrast bei der Aufnahme und viel mehr Gelegenheiten.

Und schließlich muss ich die Belichtungszeit massiv heruntersetzen. Bei Twitter erhielt ich noch einen Tipp für eine Webseite mit einer Berechnung der Belichtungszeit. Demnach müsste ich durch mein Teleskop 1/5000 Sekunde belichten. Das schafft meine Kamera nicht, aber mit 1/4000 Sekunde werde ich beizeiten den nächsten Versuch angehen. Dazu muss ich dann die Empfindlichkeit sicherlich auf das Maximum (ISO-1600) setzen. Da werde ich vorher noch einige Versuche machen, zum Beispiel an Sternen mit ähnlicher Helligkeit.

Als Resultat habe ich einige Einzelbilder zu einem animierten GIF zusammengesetzt, das den Transit recht nett, aber ohne Details zeigt. Die Kompaktkamera auf dem Fotostativ hatte kurz vor dem Transit die Aufnahme beendet, aber das war sowieso nur Beiwerk.

Quelle

Auf Distanz
Podcast von Lars Naber, der sich mit Astronomie und Raumfahrt beschäftigt.

Webseite: http://aufdistanz.de
Webseite: http://extras.aufdistanz.de

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© Lars Naber, Auf Distanz
ISS kurz vor dem Mondtransit
Die ISS kurz vor dem Mondtransit am 5. Juni 2017 um 23:38 Uhr, aufgenommen mit einer Kompaktkamera nahe der Stadt Nordhorn. Der helle Punkt rechts vom Mond ist der Planet Jupiter.
© Lars Naber, Auf Distanz