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Bastelprojekt: Motorisierung einer alten Teleskopmontierung

Geschrieben am 04.08.2017 in Kategorie: Amateurastronomie

Auf einer Teleskop-Börse kaufte ich vor etlichen Jahren eine Teleskopmontierung. Im Zusammenspiel mit einem 5-Zoll-Maksutov-Teleskop plante ich, diese Montierung mit zur Veranstaltung "Podstock" zu nehmen. Weil wir dort vielleicht aber mit mehreren Personen beobachten würden, dachte ich über eine motorisierte Nachführung nach.

Warum?

Bei der Beobachtung von astronomischen Objekten dreht sich natürlich die Erde weiter. Diese Bewegung nehmen wir zum Beispiel als scheinbare Bewegung der Sterne wahr. Motorisierte Teleskopmontierungen gleichen diese Bewegung aus und helfen, ein eingestelltes Objekt im Zentrum des Blickfelds zu halten. So ist im Idealfall keine ständige manuelle Korrektur notwendig.

Eine Montierung ohne Motoren

2006 kaufte ich bei der Astronomie-Börse ATT eine parallaktische Montierung. Mit einem Preis von 30 Euro war sie ein Schnäppchen: Sie ist recht stabil, kann schon einiges tragen und war (und ist) in wirklich gutem Zustand. Ich investierte dann noch in eine Klemme und eine Prismenschiene und hatte so eine preiswerte Zweitmontierung für alle Fälle.

Die Montierung ist eine "Mizar SP", die baugleich oder beinahe baugleich auch von Orion Telescopes als "Skyview Deluxe" vertrieben wurde. Für die Orion-Montierung gab es mal eine einfache Motorisierung der Rektaszensionsachse (RA-Achse), aber die ist schon lange nicht mehr zu bekommen und nicht einmal mehr auf dem internationalen Gebrauchtmarkt zu finden.

Eine Anfrage bei Orion führte zu dem Angebot einer neuen Montierung. Es war eine freundliche Antwort, aber die vorgeschlagene Montierung würde mit über 300 US-Dollar Kosten deutlich über das Ziel hinaus schießen.

Lösungssuche

Weil ich den Originalmotor nicht mehr bekommen konnte, suchte ich nach ähnlichen Bauformen. Dabei lernte ich noch einiges dazu. Einfach andere Motoren und Steuerungen zu verwenden, würde nicht ganz einfach werden. Die Geschwindigkeit muss genau passen, dabei spielt dann z.B. auch die Anzahl der Zähne des Hauptzahnrads in der Montierung eine Rolle. Und natürlich müsste die Nachführung auch in die richtige Richtung erfolgen.

Möglichkeiten

Ich fand einen Motor für die EQ-1-Montierung, der auch in Deutschland vertrieben wird, der fast genauso aussieht wie der Motor für die Orion Skyview Deluxe. Allerdings fehlten mir viele mechanische Informationen. Es war vollkommen unsicher, ob dieser EQ-1-Motor überhaupt anzubringen wäre, ob er stark genug wäre, die richtige Geschwindigkeit hätte und in die richtige Richtung drehen würde. Vollkommen ahnungslos wollte ich vor dem Geldausgeben dann doch nicht sein.

Nun war es wirklich mal Zeit, "meinen" Teleskophändler zu kontaktieren. Wir machten einen Termin und bei meinem Besuch erhielt ich drei Nachführsätze, die ich mir mal ansehen konnte.

Nachführsatz 1 war ganz einfach konstruiert, könnte nur die RA-Achse nachführen und wäre recht kniffelig zu montieren. Außerdem hatte ich keine Informationen über die Nachführgeschwindigkeit.

Nachführsatz 2 war ebenfalls einfach aufgebaut, könnte aber zusätzlich die Deklinations-Achse (DEC-Achse) versorgen. Montage und Geschwindigkeit waren hier aber auch noch unbekannte Faktoren.

Nachführsatz 3 war ein DK-3. Über diesen findet man hier und da noch Informationen. Es gibt ein echtes Steuergerät, mit dem man unterschiedliche Geschwindigkeiten wählen kann und dem Satz liegen Rutschkupplungen bei: Hat man keine Stromversorgung zur Verfügung, kann weiterhin ohne Umbau von Hand nachgeführt werden. Diese Lösung war für mich am interessantesten. Die Motoren sind zwar recht groß, aber sie wären recht unkompliziert anzubringen (glaubte ich). Auch lag schon einiges an Montagematerial bei, von dem vielleicht etwas brauchbar wäre. Allerdings war das Steuergerät bekanntermaßen defekt.

Vor dem Kauf forschte ich noch im Internet nach Informationen über die Geschwindigkeit. In einem Forum fand ich eine Unterhaltung, die erwähnte, dass die DK-3 für Montierungen mit 144 Zähnen auf dem Hauptzahnrad gedacht ist. Ich zerlegte meine Montierung teilweise und zählte die Zähne: 144... ein gutes Zeichen. Außerdem überlegte ich mir Möglichkeiten, wie zumindest der RA-Motor an die Montierung angebracht werden könnte. Wenn der DEC-Motor auch noch zu montieren wäre, wäre das ein schöner Bonus.

Der DK-3 kann außerdem auf der Nord- und der Südhalbkugel der Erde eingesetzt werden. Auf der Südhalbkugel muss die Nachführung in die entgegengesetzte Richtung laufen. Falls also hier nach dem Basteln die Richtung nicht stimmen würde, könnte ich sie einfach durch diese Umschaltung korrigieren.

Fündig geworden

Nachdem nun einige grundsätzliche Dinge klar waren, erwarb ich diesen Nachführsatz. Der Defekt im Steuergerät erwies sich als Wackelkontakt, der recht einfach zu beheben war. Danach nahm ich Kontakt mit einem Amateurastronomen auf, den ich von einem Astronomieverein her kenne und der einen metallverarbeitenden Betrieb besitzt. Er sah sich das Material an und meinte, meine Ideen wären umzusetzen.

Diese Ideen waren ganz einfach:

  • Aufbohren der Rutschkupplungen, damit sie auf den größeren Wellendurchmesser der Mizar SP-Montierung passen. Damit das wirklich gut zentriert werden würden, wären diese Bohrungen am besten auf einer Drehbank zu machen.

  • Anfertigung von Montageplatten mit genau positionierten Bohrlöchern, um die Motoren an die Montierung anzubringen.

Mein Bekannter behielt das Material ein Weilchen da, bis er die Zeit für die Arbeiten fand. Danach konnte ich die Montierung mit den beiden angebrachten Motoren wieder abholen.

Erste Eindrücke

Zuhause setzte ich die Montierung auf das Stativ, schaute mir alles genau an und machte die ersten Tests. Zuerst bemerkte ich, dass die Nachführung in die richtige Richtung lief, die Einstellung für die Nordhalbkugel passte also.

Mechanisch war die Sache aber problematisch. In bestimmten Winkeln berührte der RA-Motor die Montierung ganz knapp. Er lief zwar vorbei, dabei wurde aber die Lackierung abgehobelt und die Geräusche klangen nicht gesund. Ich montierte den Motor nochmal komplett ab und schliff das Motorgehäuse mehrere Millimeter ab. Nun ist die Sache zwar weiterhin knapp, aber nun läuft der Motor frei.

Beim Umschwenken der Montierung kann der DEC-Motor an eine Schraube stoßen. Aber das ist verschmerzbar. Sollte das Umschwenken wirklich nötig sein, ist das Teleskop in Sekundenschnelle umgedreht. So kann ich den Motor von der Schraube fernhalten.

Die Rutschkupplungen funktionieren einwandfrei, der batterielose Betrieb wird also auch problemlos möglich sein.

Erster Test

Es dauerte wetterbedingt eine ganze Weile, bis ich die Montierung dann mal richtig draußen testen konnte.

Am Stern Altair im Sternbild Adler testete ich den kompletten Aufbau. Nachdem ich den Stern zentriert hatte, konnte ich schnell bemerken, wie die Erddrehung den Stern aus dem Blickfeld wandern ließ. Ich zentrierte erneut und schaltete ich die Nachführung ein. Beinahe sofort wurde das Bild ruhig. Ich konnte zunächst keine Bewegung mehr wahrnehmen.

Ich beschäftigte mich ein wenig mit einer Audioaufnahme und ließ die Sache einfach weiterlaufen. Als ich dann nach einiger Zeit wieder nachschaute, war der Stern nicht mehr zu sehen.

Es stellte sich aber heraus, dass die Abweichung auf der Deklinationsachse aufgetreten war. Als ich die Deklination korrigierte, tauchte der Stern wieder auf und ließ sich nur durch Nutzung des DEC-Motors beinahe genau zentrieren. Die Nachführgeschwindigkeit des RA-Motors scheint also sehr gut zu passen. Die Abweichung der Deklination führe ich auf einen ungenauen Aufbau zurück. Wahrscheinlich stand das Stativ nicht ganz gerade und/oder war nicht ganz genau eingenordet.

Bei der nächsten Beobachtung werde ich das genauer ausforschen. Aber nach dem ersten Test bin ich sehr gut zufrieden mit dem Umbau.

Quelle

Auf Distanz
Podcast von Lars Naber, der sich mit Astronomie und Raumfahrt beschäftigt.

Webseite: http://aufdistanz.de
Webseite: http://extras.aufdistanz.de

Montierung mit Nachführeinheit
Die fertige Mizar SP-Montierung mit der DK-3-Nachführung
© Lars Naber, Auf Distanz
Zeitraffer-Test der Montierung
48 Minuten Nachführtest der Montierung als Zeitraffer
© Lars Naber, Auf Distanz